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PAUKEN & Trompeten: Zermürbender Begleitservice

Die Cembalisten sind die grauen Mäuse der Barockmusik. Während ihre Kollegen mit fetzigem Gefidel oder prächtigem Bläserschall Eindruck schinden können, müssen sie meist mit blässlichem Gezirpe im Hintergrund bleiben und dürfen lediglich den musikalisch herzlich öden Basso Continuo morsen.

Die Cembalisten sind die grauen Mäuse der Barockmusik. Während ihre Kollegen mit fetzigem Gefidel oder prächtigem Bläserschall Eindruck schinden können, müssen sie meist mit blässlichem Gezirpe im Hintergrund bleiben und dürfen lediglich den musikalisch herzlich öden Basso Continuo morsen. Dass das keinen kreativen Menschen ausfüllen kann, ist klar: Schon Carl Philipp Emanuel Bach schob vor 250 Jahren Dauerfrust, weil er tagtäglich den flötespielenden Preußenkönig am Cembalo begleiten musste, und die Freiheiten, die er sich später bei seinen Klavierstücken herausnahm, sind sicher auch eine Reaktion auf die Jahrzehnte in der Generalbassmühle von Sanssouci.

Selbst die historische Aufführungspraxis hat an dieser Randexistenz wenig geändert: Zwar dürfen sich die Cembalisten bei Harnoncourt und Co. ihre Begleitzeit durch allerlei improvisiertes Gekringel vertreiben, doch das hört schon in mittelgroßen Sälen eh keiner mehr – zu groß ist die akustische Übermacht der anderen. Auch Christian Rieger weiß, wie es sich im Continuo-Halbschatten lebt. Sechs Jahre lang, von 1994 bis 2000, tourte er mit Reinhard Goebels „Musica Antiqua Köln“ um den Globus. Dass er eigentlich einer der besten Cembalisten Deutschlands ist, nahm in dieser Zeit keiner so recht wahr. Doch nun hat Rieger, der seit 2004 als Professor an der Essener Folkwang-Schule unterrichtet, sich vorgenommen, es allen zu zeigen: In 27 Konzerten will er das gesamte Klavierwerk Johann Sebastian Bachs aufführen und damit den Mount Everest der Cembaloliteratur besteigen. Den Anfang des Projekts, das im Radialsystem über drei Jahre angelegt ist, machen am Sonnabend und Sonntag (13./14. 12.) vier Konzerte, in denen unter anderem die sechs Partiten auf dem Programm stehen.

Während dieser enzyklopädische Ehrgeiz bei Cembalisten die Ausnahme ist, gehören solche Werkzyklen bei manchen Pianisten schon fast ins Normalprogramm. Andras Schiff hat mit solcher Schwerpunktarbeit gute Erfahrungen gemacht: Mit einer Aufführung von Schuberts Klaviersonaten spielte sich der Ungar vor Jahren in die Herzen des Berliner Publikums, und auch sein über Jahre vorbereiteter Beethoven-Zyklus ist schon jetzt eine Erfolgsgeschichte: Die Live-CDs von Schiffs Züricher Beethoven-Abenden verkaufen sich wie geschnitten Brot, und seine Berliner Beethoven-Abende im Kammermusiksaal waren schon lange im Voraus ausverkauft. Am heutigen Sonntag und am 18.12. geht Schiff in die letzten Runden seines Marathons.

Jörg Königsdorf

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