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Kultur: Paul Spiegel und Otto Schily gegen Günter Grass & Co

Kommentare des Schriftstellers Günter Grass zur Politik Israels sind vom Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, scharf kritisiert worden. Der Literaturnobelpreisträger hatte gegenüber dem Magazin "Der Spiegel" geäußert, Israel müsse "nicht nur besetzte Gebiete räumen.

Kommentare des Schriftstellers Günter Grass zur Politik Israels sind vom Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, scharf kritisiert worden. Der Literaturnobelpreisträger hatte gegenüber dem Magazin "Der Spiegel" geäußert, Israel müsse "nicht nur besetzte Gebiete räumen. Auch die Besitznahme palästinensischen Bodens und seine Besiedlung" seien "kriminell" und müssten "rückgängig gemacht werden". Im aktuellen "Focus" wirft Paul Spiegel nun dem Schriftsteller vor, dieser stelle sich mit solchen Aussagen "auf eine Stufe mit den radikalen Feinden Israels". Es gehe nicht an, zu verschweigen, "dass Israel Opfer und nicht Täter in diesem blutigen Terrorkampf" sei. Grass passe sich "in die Reihe derjenigen nichtjüdischen Intellektuellen in Deutschland ein, die schon seit Jahren direkt oder indirekt die staatliche Existenz Israels in Frage zu stellen suchen". In seinem "Spiegel"-Interview hatte Günter Grass palästinensische Gewalttaten nicht erwähnt, die eigene Kritik jedoch als "Freundschaftsdienst" an Israel bezeichnet und zugleich gefordert, den Tadel der ebenfalls freundschaftlich motivierten Amerika-Kritiker einzustellen.

Er selbst sehe sich durchaus als Freund Amerikas, wiederholte Günter Grass am Wochendende, nachdem in der vergangenen Woche Innenminster Schily in der "Märkischen Allgemeinen" von "wirklich schlimmen" antiamerikanischen Entgleisungen in gewissen intellektuellen Kreisen gesprochen und die mangelnde Wehrhaftigkeit in der deutschen Gesellschaft bemängelt hatte. Trotz seiner Freundschaft wolle er sich jedoch Kritik erlauben, sagte Grass. Gerade amerikanische Schriftsteller wie Norman Mailer hätten schließlich nach den Anschlägen in New York gesagt: "Wir müssen uns fragen, warum die arabischen Terroristen uns so hassen." Im Übrigen möge sich Schily "lieber an seine Zeit als aktiver Anwalt erinnern, als er zu Recht auch RAF-Sympathisanten gegen Übergriffe des Rechtsstaates verteidigt hat". Der Philosoph Peter Sloterdijk fühlte sich, wie "Welt am Sonntag" berichtete, durch die Worte des Innenministers an den Kalten Krieg erinnert: "Wenn Schily als deutscher McCarthy in die Geschichte des Ungeistes eingehen will, soll er ruhig so weiterreden." Der Schriftsteller Tilman Spengler erklärte: "Es wird Gott sei Dank noch nicht vom Bundesinnenministerium bestimmt, was intellektuell ist und was nicht." Hilmar Hoffmann, Präsident des Goethe-Instituts Inter Nationes erinnerte daran: "Seit Gründung der Gruppe 47 waren die Intellektuellen immer das Gewissen der Nation. Ihre Reflexionen auf das Zeitgeschehen waren den Regierenden selten eine angenehme Lektüre". Eine "Autorenschelte" wie zu den Zeiten des Franz Josef Strauß solle "bitte keine Renaissance erleben".

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