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Jan Delay von den Beginnern rackert für einen guten Zweck.

© Ben Kriemann/Imago/Future Image

Peace x Peace-Festival: Und Falco lächelt

Beim zweiten Peace x Peace-Benefizfestival in der Waldbühne Berlin spielten unter anderem Bilderbuch, Beginner, die Fantastischen Vier und Herbert Grönemeyer.

Ein kleiner Delfin schwebt in den Abendhimmel. Verständlich, denn das Spektakel dort unten in der ausverkauften Waldbühne ist wirklich zum Abheben. Gerade spielt die formidable österreichische Band Bilderbuch und entfesselt in ihrem zwanzigminütigem Auftritt maximale sexy Campness – sogar eine jaulende Duetteinlage von verzerrter E-Gitarre und Autotune-Wimmergesang macht richtig Spaß.

Und dann erst die Hits: „Maschin“ gleich zum Auftakt mit diesem schmierig-genialen Riff, das glitzrig-funkige „Om“ und natürlich das Dancehall-Pop- Funk-Monster „Bungalow“ vom aktuellen Album. So rettet man den Rock und bringt Falco im Himmel zum Lächeln.

Der Wiener Schmäh von Sänger Maurice Ernst ist natürlich auch ganz wunderbar, vor allem wenn er das Publikum zum Mitsingen in die „bösen Madels“ und die „bösen Buben“ einteilt. Ja, er kommt sogar mit einer kleinen Veralberung des Festivalnamens Peace x Peace durch, als er auf seine schwarz-weiße Hose voller Peacezeichen zeigt und sagt: „Meine Hüfte, meine Hose kämpfen für den Frieden“. Ein charmanter Ironie-Gigolo wie Ernst darf so was, und schließlich hat er vorher schon von der großen Ehre gesprochen, hier mitzumachen. Ähnlich äußern sich an diesem schönen Sonnentag auch alle anderen Bands, Sängerinnen und Sänger, die ohne Gage zugunsten von Unicef-Projekten für Kinder auf der Flucht und im Krieg auftreten.

Festival-Gründer Fetsum will geflüchteten Kindern helfen

Es ist das zweite Mal, dass das Peace x Peace-Festival in der Waldbühne stattfindet. Ins Leben gerufen hat es der Berliner Soulsänger Fetsum, weil er angesichts des Flüchtlingssterbens im Mittelmeer nicht mehr länger untätig zusehen wollte. Er hat auch einen persönlichen Bezug zum Thema, denn seine schwangere Mutter floh aus dem eritreischen Unabhängigkeitskrieg, brachte ihn 1976 in Kairo zur Welt und kam über Rom Anfang der Achtziger nach Stuttgart. Hier wuchs Fetsum auf und versuchte sich zunächst als Rapper, bis ihm klar wurde, dass er besser singt. Mittlerweile lebt er seit zehn Jahren in Berlin, doch die Schwaben-Connection hielt bis heute und so sind mit Freundeskreis und den Fantastischen Vier zwei der großen Stuttgarter Gruppen beim Festival dabei.

Um kurz vor acht federt Max Herre herein, lässig mit Basecap und großem Grinsen. Der Freundeskreis-Hit „Esperanto“ von 1999 zündet sofort, Arme hoch, Wiedersehensfreude. Als Joy Denalane dazukommt, gibt es Extrajubel. Ihr Französisch gesungener Songteil ist auch extra gut. Bisschen Kante zeigen dann bei „Rap is“ und Gefühl beim schmusigen „A-N-N-A“. Pärchen nehmen sich in den Arm, auf der Leinwand läuft der alte Videoclip. Max Herre noch jung und mit wallender Lockenmähne, lang her, Freundeskreis sind gerade auf 20-Jahre-Jubiläumstournee.

Die Stimmung ist freundlich-fröhlich

Ein damaliger Konkurrent aus Hamburg ist ebenfalls in der Waldbühne vertreten: Die Beginner übernehmen in der Dämmerung die Mikrofone – und entscheiden den Nord-Süd-Vergleich spielend für sich, weil sie nicht nur mit frühen Hits wie „Hammerhart“, sondern auch mit starken neuen Songs wie „Ahnma“ und „Schelle“ aufwarten können. Und selbst wenn sie in „Es war einmal ...“ auf alte Zeiten zurückblicken, gelingt ihnen das in einer feinen Mischung aus Witz, Selbstbewusstsein und Kopfnicker-Flow. Dass Jan Delay in seinen kurzen grünen Hosen und seinem Ringelshirt dabei nicht lächerlich aussieht, ist eine weitere erwähnenswerte Leistung.

Das altersmäßig gemischte Publikum feiert die drei, singt mit, schwenkt die Arme. Überhaupt ist die Stimmung durchgehend freundlich-fröhlich. Vielleicht liegt es daran, dass sich angesichts des Festivalzwecks sowie der immer wieder gezeigten Unicef-Videos und -Spendenaufrufe alle Fans bewusst sind, welch großes Glück sie haben, in diesem Teil der Welt zu leben und welch ein Privileg es ist, feiernd anderen helfen zu können. Fetsum freut sich, „dass das in Deutschland möglich ist. Was für ein krasses Land.“ Recht hat er. Im letzten Jahr kamen bei Peace x Peace 400 000 Euro zusammen. Das Line-up war mit den Beatsteaks, Seeed, Cro und anderen ähnlich prominent besetzt.

Grönemeyer singt zum Finale mit Balbina

Diesmal machen die Fantastischen Vier den Abschluss. Auch sie Veteranen, die ihren Status feiern. Gleich mit dem munter groovenden „25“ zur Eröffnung: „Die Legende, also hebt die Hände“, fordern Smudo, Michi Beck und Thomas D, die ganz in schwarz gekleidet sind und von einer sechsköpfigen Band begleitet werden. Sie spielen einen neuen noch unfertigen Song namens „Endzeitstimmung“, der mit Rock-Wucht, einem „Na na na na“-Refrain und Zeilen über „Reich gegen arm“ ähnlich überplakativ rüberkommt wie das durchgestrichene Wort Hate auf dem Screen. Dann schon lieber „Troy“ oder „Einfach sein“, für das Herbert Grönemeyer dazukommt. Im Refrain ist er zwar kaum zu hören, dafür läuft er aufgekratzt hin und her.

„Wirklich schön, kurz vor Schluss noch mitsingen zu dürfen“, sagt Grönemeyer, zu dem sich die Berliner Sängerin Balbina gesellt. Gemeinsam singen sie ihr Lied „Seife“ und zum Finale im gelben Licht seinen Hit „Mensch“, den die Band erstmal verhaut. Der zweite Anlauf klappt, die Stimmen passen nicht so gut zusammen, aber egal: „Es ist, es ist ok/ Alles auf dem Weg/ Und es ist Sonnenzeit, ungetrübt und leicht.“ Lächelnd macht sich die Menge auf den Heimweg.

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