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Kultur: Plaudern nach Schluss

Thomas Quasthoff trifft auf Katharina Thalbach.

Es ist sein erster Auftritt nach dem Rücktritt. Doch Thomas Quasthoff wird an diesem Abend kein Wort darüber verlieren, dass es ihm seine Gesundheit nicht mehr gestattet, als Sänger aufzutreten. Der Bassbariton will sich als Professor weiter dem musikalischen Nachwuchs widmen und seine sonore Stimme fortan als Gastgeber und Erzähler einsetzen. Ein eigenes Talk-Format hat er bereits, „Thomas Quasthoffs Nachtgespräch“ im Werner-Otto-Saal des Konzerthauses.

Es ist voll hier um halb zehn, Weingläser klirren sacht. Das Plüschsofa unter Oma-Lampe harrt seiner Aufgabe. Quasthoff lässt zunächst die Musik sprechen. Die „viel versprechenden Nachwuchskünstler“, die er mit seinem Talk auch vorstellen will, sind mit allen Wassern gewaschene Solisten und Kollegen aus dem Lehrpersonal der Hochschule für Musik nebenan. Miguel Pérez Iñesta und Alexander Fleischer steuern klangsatt durch den ersten Satz von Brahms’ Es-Dur-Sonate für Klarinette und Klavier. Dann betritt Quasthoff den Saal, um in Harald-Schmidt-Manier bissig das Revier zu markieren.

Dabei setzt er ein, was er hat – und das ist immer auch seine Geschichte als Contergan-Opfer, das von deutschen Musikhochschulen abgelehnt wurde, weil seine Hände nicht zum geforderten Klavierspiel taugten. Auch Angela Merkel, das weiß er aus nächster Nähe, hat Probleme mit behinderten Menschen. Quasthoff kann prima die Stimme eines gewissen Kohl imitieren, aber viel besser noch den Jaul-Ton der Hauptstädter. Ja, den Rehhagel will er demnächst ebenfalls zu sich aufs Sofa holen.

Diesmal nimmt dort Katharina Thalbach Platz. Ihre Mutter konnte mit eingerollten Augenlidern die Arie der Königin der Nacht rülpsen. Klar, dass dann irgendwann die „Zauberflöte“ am Wannsee kommen musste. „Du sitzt vor einer Partitur. Was passiert?“, will Quasthoff wissen. „Panik! Ich kann ja keine Noten lesen“, entgegnet die bewunderte Freundin. Der Professor lässt Milde walten, um ansonsten angehenden Sängern die Leviten zu lesen. Die könnten gerade mal so stehen, seien meist schlecht vorbereitet, wüssten nicht zu sprechen und haben einfach keinen Sinn für Pausen. Kein Wunder, dass bei der Talkrunde des Ex-Sängerstars keine jungen Stimmen zu hören sind. „Mahnen und Meckern“, darin sieht Quasthoff sein Metier. Er maßregelt einen vermeintlich anwesenden Bild-Journalisten, sinniert darüber, ob er in der DDR hätte studieren dürfen und lobt das Feuer seines Gasts. Zusammen plane man etwas, aber nein, verraten wolle man nichts.

Die Thalbach lächelt den Klarinettisten mädchenhaft an: „Ich liebe Talent“, knarzt sie. Ulrich Amling

Nächstes Nachtgespräch am 26.4. mit Frank-Walter Steinmeier.

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