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Auftritt der Woche: Super 700: Aufstieg ins Klanggebirge

Am Donnerstag spielen Super 700 im Lido. 2009 könnte ihr Jahr werden - mit ein bisschen Glück. Es ist kein reiner Lokalpatriotismus, wenn man der Band großes Potential zutraut.

"Was bleibt mir anderes übrig, als dafür zu gehen?" Die Idee von der eigenen Band hat Ibadet Ramadani 2003 nach Berlin verschlagen. Weg aus Amsterdam, wo sie beim Studium von Gesang und zeitgenössischer außereuropäischer Musik feststellte, dass das akademische Korsett ihr Temperament zu erdrosseln drohte. Hin ins raue Berlin, wo sich die Tochter albanischer Einwanderer mit Aushilfsjobs von Bäckerei bis Musikschule über Wasser hält.

Ibadet Ramadani ist nicht die Einzige, die für Super 700 ihr Leben umgekrempelt hat. Auch ihre jüngeren Schwestern, die Zwillinge Ilirjana und Albana, haben Studium und Beruf an den Nagel gehängt, um beim Traum vom gemeinsamen Bandprojekt dabei zu sein. Die Zeiten, als die drei im Hausflur Volkslieder intonierten, liegen zwar viele Jahre zurück, das gemeinsame Singen haben sie indes nicht verlernt: Als stimmliches Gegengewicht zu Ibadets irisierendem Melodiegesang sind die Zwillinge aus dem Soundgefüge von Super 700 nicht wegzudenken. Für den instrumentalen Druck sorgt die klassische Vier-Mann-Besetzung mit Gitarre, Schlagzeug, Keyboards und Bass, wobei letzterer von Kreativkopf Michael Haves bedient wird.

2009 könnte ihr Jahr werden

"Unsere Musik ist die, die wir stets hören wollten, die es aber nicht gab. Also mussten wir sie selber machen." So ein Statement klingt nach übersteigertem Künstlerego. Bei Super 700 hat es aber seine Berechtigung. Schon das Mini-Album "When Hare and Fox had Fun" kennzeichnete eine ambitionierte Mischung aus TripHop, Postrock, Kammerjazz und Electropop. Das eigentliche Debütalbum "Super 700" erschien 2006 und hätte ein Knaller werden müssen. Produzent war Gordon Raphael, der zuvor den Sound der ersten beiden Strokes-Alben kreiert hatte. Doch trotz erlesener Songs blieb die Resonanz bescheiden. Super 700 hatten das Pech, mit ihrem Debüt zu einer Zeit rauszukommen, als Englisch singende Bands aus Deutschland mit einer Art Aufmerksamkeitsbann belegt wurden. Für Hitparadenstürmer wie Wir Sind Helden, Silbermond oder Juli galt genauso wie für Nachwuchsgewächse wie Karpatenhund oder Panda: Hauptsache deutsche Texte!

Super 700 haben sich vom vorerst ausbleibenden Erfolg nicht irritieren lassen. Und mit ein bisschen Glück könnte 2009 ihr Jahr werden. Der aus deutscher Sicht eher kümmerliche Pop-Jahrgang 2008 - Ausnahmen wie Peter Fox bestätigen die Regel - sollte bei Fachkritik und Publikum die Bereitschaft erhöht haben, einen Pop-Entwurf wahrzunehmen, wie man ihn in dieser Komplexität selten findet - und das nicht nur in Deutschland. Die aktuelle Single "Tango" ist ein kratzbürstiger Ohrwurm, der mit treibenden Beats, flirrenden Streichern und dem Gesang der Ramadani-Schwestern ein beeindruckendes Klanggebirge auftürmt. Es ist kein verzweifelter Lokalpatriotismus, wenn man Super 700 riesiges Potenzial zutraut. Nur geschenkt wird einem die Besonderheit dieser Band nicht: Man muss schon genau hinhören.

Das Konzert beginnt am Donnerstag um 21 Uhr im Lido. Karten kosten 13 Euro.

Jörg W, er

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