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Popkomm Dieter Gorny

© dpa

Aus für Musikmesse: Popkomm hat vorerst ausgespielt

Die Popkomm zog 2003 von Köln nach Berlin, angekommen ist die Messe nie richtig in Deutschlands größter Musikstadt. Jetzt ist die Popkomm abgesagt worden - angeblich wegen der Internetpiraterie. Nicht alle sind traurig über das Aus.

Vor gar nicht so vielen Jahren noch gab es populäre Konzerte anlässlich der Popkomm: 8000 Fans tanzten in der Deutschlandhalle, ob nun bei den Beatsteaks oder den Fantastischen Vier. Mittlerweile stehen Abrissbagger für die Deutschlandhalle bereit, spektakuläre Auftaktkonzerte gab es zuletzt keine mehr bei der Popkomm – und nun fällt die Musikmesse 2009 gleich ganz aus.

„Wir sehen uns gezwungen, die Popkomm ein Jahr auszusetzen“, teilte Katja Gross, Popkomm-Direktorin, am Nachmittag in Berlin mit. Geplant war, dass die Musikmesse vom 16. bis 18. September stattfindet. In diesem Jahr sollte sie erstmals in die Hallen des ehemaligen Dresdner Bahnhofs am U-Bahnhof Gleisdreieck ziehen. Auf der Internetseite der Messe lief bis Freitagabend noch ein Ticker, der die verbleibenden Tage bis zum Beginn der Veranstaltung zählt – dabei war sie zu diesem Zeitpunkt schon abgesagt. Bis 2003 fand die Popkomm in Köln statt, seither ist sie in Berlin ansässig, bislang auf dem Messegelände unter dem Funkturm. Parallel zur Messe für das Fachpublikum – die Eintrittskarten kosten 295 Euro – gibt es in der Zeit traditionell viele Gigs und Partys. Voriges Jahr war das Epizentrum die Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg.

Die Szene der Stadt reagierte schnell und teils verärgert. Olaf Kretschmar, Sprecher der „Club Commission“ und Betreiber des „Oxymorons“ am Hackeschen Markt, sagte: „Eine Absage ist bitter und ein falsches Signal für den Musikstandort Berlin“, eine „abgespeckte Form der Popkomm wäre angemessen“.

Das aber wollten die Organisatoren nicht. Der Geschäftsführer der Popkomm, Ralf Kleinhenz, teilte mit: „Trotz positiver Resonanz auf die neue Veranstaltungslocation und befriedigender Buchungen der Aussteller rechnen wir wegen der Wirtschaftslage mit einem erheblichen Rückgang der Fachbesucher.“ 2008 beteiligten sich gut 840 Aussteller aus 52 Ländern an der Popkomm; mehr als 14 000 Fachbesucher kamen. Nun wurde mit einer eklatanten Zuschauereinbuße von „40 bis 50 Prozent“ gerechnet, hieß es. Eine Standortdebatte soll es nicht geben, sagte Dieter Gorny vom Bundesverband der Musikindustrie. Gemeinsam mit der Messe Berlin dem Verband unabhängiger Musikunternehmen wolle man 2010 ein neues Konzept erarbeiten. „Es ist, Gott sei Dank, die erste und bisher einzige Messe in diesem Jahr, die ausfallen wird“, sagte Michael Hofer, Sprecher der Messe Berlin. Trotz der Wirtschaftskrise äußerte er sich zuversichtlich für das Messegeschäft 2009.

Die Internetpiraterie setzt den Musikkonzernen zunehmend zu, mit dem klassischen Geschäft – also dem Verkauf von Platten – lässt sich immer weniger Geld verdienen.

Kritik gab es aber auch an der Popkomm selbst: „So eine Messe ist doch nicht mehr zeitgemäß, zumindest für den Bereich der elektronischen Clubmusik“, sagte etwa Henrik Bertsch vom bekannten „Watergate“-Club in Kreuzberg. „Da sind die Leute ohnehin alle untereinander vernetzt, die brauche keinen Stand aufzustellen, um sich zu präsentieren.“

Auch Thomas Koch, Betreiber des Berliner Labels „Get Physical“, wirft den Organisatoren der Popkomm vor, es versäumt zu haben, mit der Zeit zu gehen und sich zu verjüngen – insbesondere in Zeiten, in denen die Musikbranche eine Hiobsbotschaft nach der nächsten verkündet. „Bei der Messe ging es eher um ein Networking der Major-Labels.“ Aber die großen Plattenfirmen seien gerade die, die unter der Krise am meisten zu leiden hätten.

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