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Daft Punk

© dpa

Daft Punk: Roboter Rock

Daft Punk lassen das Berliner Velodrom erbeben und zeigen sich als seelenlose Maschinenwesen.

Ein Deckenstrahler wirft kühles Licht in den Innenraum des Berliner Velodroms, weiß und unbarmherzig. Die Bühne liegt noch im Schatten, ein Baumwollvorhang bildet eine Art Kaaba, ein schwarzes, dämonisches Geviert, hinter dem Blitze zucken und Nebel aufsteigen. Schon jetzt, da noch gar nichts begonnen hat, legen Daft Punk symbolische Wegweiser aus, die ins Herz der Popkultur führen. Nicht zufällig zitieren die beiden französischen DJs Malewitschs „Schwarzes Quadrat“, das für den Maler den Nullpunkt markierte, den Durchbruch zu einer neuen Dimension der abstrakten Kunst.

Das können auch Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo für sich beanspruchen. Obwohl sie sehr viel mehr Lärm machen. Bevor die beiden leibhaftig erscheinen, lassen sie die Fünf- Ton-Folge aus Spielbergs „Unheimlicher Begegnung der Dritten Art“ erschallen. Die Idee des Licht-Ton-Codes wird von Daft Punk nicht nur zitiert. Das ganze Konzert funktioniert nach diesem Prinzip, indem die Bühne als gewaltige Lichtinstallation ein Blitz- und Zeichengewitter ins viel zu große Rund der Halle schickt.

Die beiden Musiker, die vor zehn Jahren zum letzten Mal in Deutschland waren – ihr epochales „Homework“-Album war gerade erschienen – stehen in futuristischer Maskierung auf einer pyramidenartigen Kanzel. Glitzernde Chromhelme mit LCD-Anzeige auf dem Kopf. Was sie machen, worin das Geheimnis ihres Talents besteht, Menschenmassen mit Hits wie „One More Time“ in Bewegung zu setzen, bleibt verborgen. Aber infernalisch ist das brachiale, verzerrte Wummern ihres „Robot Rock“, die technoide Vision einer Welt, die von menschlichen Empfindungen bereinigt ist. Alles wird auf das Wesentliche verdichtet. Die Auseinandersetzung mit dem Medienzeitalter („Television Rules The Nation“), mit Globalisierung („Around The World“) und Humanismus („Together“) beschränkt sich auf Aussagen, die in einen Songtitel passen.

Trotzdem ist diese Musik ein geistiges Abenteuer, wie man es nur im Zustand größter physischer Erschöpfung erlebt. Denn Daft Punk stellen sich blind für das Spektakel, in dessen Mitte sie agieren. Es fehlt jede Distanzierungsgeste, auch nur der Hauch von Ironie. In seiner demonstrativen Gesichtslosigkeit lenkt das Duo die Projektion der Menge um, speist sie in einen furiosen Kreislauf aus Zeichen, Lärm und Ekstase ein. Und man findet sich in einer betörend offenkundigen Feedback-Schleife wieder. Die erlaubt einem weder, besinnungslos zu tanzen, noch reglos dem Schauspiel dieser pathetischen Entfremdung zu folgen. Man ist am Nullpunkt. 

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