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Falco

© dpa

Falco: A schöne Leich’

Falco, Österreichs größter Popstar, starb heute vor zehn Jahren. Doch in seinem Heimatland ist der exaltierte Musiker so populär wie nie. Fans dürfen sich in diesem Jahr auf zahlreiche Produktionen freuen, die den Kult weiterleben lassen.

Es gibt einen Satz, den man in diesen Tagen oft lesen kann, weil er in diesen Tagen wirklich herrlich passt. Der Satz geht so: „Muss ich denn sterben, um zu leben?" Johann Hölzel, alias Falco, sang ihn in seinem Song „Out of the Dark". Der Song war im Frühjahr 1998 wochenlang die Nummer eins der österreichischen Charts, und ja, Falco war da schon tot. Am 6. Februar 1998 ist er bei einem Autounfall umgekommen. Der österreichische Popstar hatte die Nacht in einer Bar in seiner Wahlheimat, der Dominikanischen Republik, verbracht. In den frühen Morgenstunden hatte er sich in sein Auto, einen Geländewagen, gehievt, als er rückwärts auf die Hauptstraße zurücksetzen wollte, übersah er einen Autobus. Hölzel war sofort tot.

Bei der Autopsie stellten die Ärzte fest, dass sich Falco nicht ganz nüchtern hinters Steuer geklemmt hatte, außerdem fanden sie in seinem Blut Spuren von Amphetaminen, Aufputschmitteln. Zehn Jahre auf den Tag genau ist das mittlerweile her, und wenn man sich den Rummel ansieht, der in diesen Tagen um Falco herrscht, dann gibt es wohl eine definitive Antwort auf seine Frage. Österreich wird überschwemmt von Texten zu Falco. Sogar Falcos Tochter, von der man seit ihrem siebten Geburtstag weiß, dass sie gar nicht seine leibliche Tochter ist, hat ein Buch über ihren Beinahe-Vater geschrieben.

Jeder Österreicher muss seine Dosis Falco abbekommen

Im Fernsehen laufen Talkshows, in denen die immer gleichen Falco-Freunde über ihren „Hansi" sprechen, es gibt neue Dokus, ein neues Konzertvideo, für das Falcos Ex-Bandleader Thomas Rabitsch ein vergessen geglaubtes symphonisches Konzert Falcos neu einspielen ließ. Bis auf das Bild und Falcos Stimme ist bei dieser DVD nichts original, bis zum letzten Bläser und sogar dem Applaus der Zuseher wurde im vergangenen Jahr alles neu aufgenommen, weil das Ausgangsmaterial, eine ordinäre DAT-Aufnahme, die heutigen Qualitätsmaßstäbe nicht mehr erfüllen konnte.

Und dann ist da auch noch ein Falco- Spielfilm aus der Feder des österreichischen Tatort-Regisseurs Thomas Roth. Der Film erzählt detailliert Falcos Leben vom schulschwänzenden 12-Jährigen bis zum delirierenden Popstar in der Dominikanischen Republik. Er hat enthält keinen neuen Gedanken, keine neue Erkenntnis, aber andererseits muss er das auch gar nicht haben, weil er vor allem auf ein junges Publikum zugeschnitten ist, das seine Dosis Falco bisher noch nicht abbekommen hat.

Dementsprechend ist der Hauptdarsteller des Films gecastet: Manuel Rubey, Frontmann der österreichischen Teenie-Band Mondscheiner, gibt hier den Falco. Und genau deswegen ist der Film auch ganz gut: Denn irgendwie, und das merkt man in diesen Tagen, muss jeder Österreicher seinen Falco ganz genau kennen, und das liegt gar nicht so sehr an seiner Musik, die zugegeben ebenfalls stilbildend war (hat er nicht quasi nebenbei den Rap erfunden?).

Immer ein Landsmann geblieben

Falco ist so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner des österreichischen Musikgeschmacks, jemand, auf den sich Popfans genauso wie Intellektuelle einigen können, auch wenn es für Intellektuelle natürlich dazu gehört, nur die ersten beiden Falco-Alben cool zu finden. Falco ist ein österreichisches Nationalheiligtum, irgendwo einzureihen in einer Kette von Mozart, Sissi über die Wiener Sängerknaben, die Lipizzaner und bis zum Fußballteam von 1978. Und es stimmt ja auch: Falco ist der einzige österreichische Popstar, der über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist – und trotzdem, ganz im Gegensatz zu Hansi Hinterseer und Reinhard Fendrich, niemand peinlich wurde.

Er war mit „Amadeus“ die Nummer Eins der US-Billboard-Charts, und er ist trotzdem immer Österreicher geblieben. Immer wieder werden jetzt Interviews gezeigt, in denen Falco auch am Höhepunkt seines Erfolges stets sagte, er werde Österreich nie verlassen. Das war damals, 1986, als das ganze Land wegen seines fragwürdigen Präsidenten geschnitten wurde und Kurt Waldheim in den USA sogar Einreiseverbot erhielt, eine Wohltat für die österreichische Seele, und das ist es auch ganz offensichtlich heute noch. Falco hat also beides geschafft: Er ist Österreicher geblieben, anders als Arnold Schwarzenegger, der es im Ausland zu etwas gebracht hat, und er hat trotzdem zu Weltruhm errungen.

Gerade anno 2008, in dem Jahr, da Österreich nicht nur Falcos Todestag, sondern auch den Untergang der gloreichen Donaumonarchie samt der damit verbundenen Kleinwerdung des Landes zelebrieren muss, ist er da zum Säulenheiligen prädestiniert. Auch wenn es in „Out of the Dark" natürlich nicht um seinen Tod ging – der Song drehte sich eigentlich um Falcos Drogenabhängigkeit. Aber das erwähnt in diesen Tagen natürlich niemand.

Markus Huber

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