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H.P. Daniels: Steve Winwood im Tempodrom

Im Tempodrom zeit Steve Winwood, dass seine Konzerte immer noch ein Vergnügen sind.

Es ist nicht besonders voll im Tempodrom, eine fast familiäre Atmosphäre. Auf der Bühne steht die Band im engen Halbkreis und spielt ein funkendes Intro. Rechts ein kleines Schlagzeug, Tenorsaxofon, ein Percussionist in der Mitte, mit Congas, Bongos, Becken und allerlei Zischel- und Raschel-Zeug, links ein Telecaster-Gitarrist. Die Hammond-B3 ganz links ist noch unbemannt. Aber da kommt schon Steve Winwood, ein bescheidener Mann in unauffälligem grauem Baumwollhemd über Bluejeans.

Freundlich lächelt er über den tosenden Empfang, setzt sich an die Orgel, orgelt los: angejazzt swingenden R&B. Cool, lässig. Winwood ist kein Mann großer Posen, rhythmisch biegt er den Oberkörper über die Tasten in die schwebenden Klänge aus dem Leslie-Cabinet mit den wirbelnden Rotationslautsprechern. Und steppt dazu Basslinien in die Pedale. Mit kräftiger, emotionsgeladener Soul-Stimme singt er "Different Light" von seinem Solo-Album "About Time" aus dem Jahr 2003. Und schließt gleich an mit "I'm A Man" von 1967, seinem letzten großen Hit mit der Spencer Davis Group, bei der er als Fünfzehnjähriger angeheuert hatte und an deren Erfolg er maßgeblich beteiligt war.

Mit seiner außergewöhnlichen Begabung als Pianist, Organist und Gitarrist, aber vor allem als Sänger, der schon als Teenager fast wie Ray Charles klang. Winwood lacht: heute werde er ein paar neuere und ein paar nicht so neue Songs spielen. Dabei findet er genau die richtige Mischung. Etliche Songs stammen vom exquisiten letzten Album "9 Lives" aus dem Jahr 2008, dazwischen weite Rückblenden in vergangene, für Winwood höchst kreative und erfolgreiche Jahre. "Can't Find My Way Home" aus seiner Zeit mit Eric Clapton und Ginger Baker 1969 bei der kurzlebigen "Supergroup" Blind Faith missrät allerdings als einziger Song des Abends auf bizarre Weise. Als würde jeder der Musiker in einer anderen Tonart spielen. Kurz schauen sie sich irritiert an, dann sie ziehen es ungerührt durch. Und im Publikum hat's keiner gemerkt.

Der Rest ist makellos und mitreißend. Auch die Stücke aus dem Repertoire von Traffic, der exquisiten Band, mit der Winwood zwischen 1967 und 1974 ein paar herausragende Aufnahmen gemacht hatte. Etwa "Dear Mr. Fantasy" oder "The Low Spark Of High Heeled Boys", die auch heute noch frisch und aufregend klingen. Mit langen improvisierten Solopassagen, in denen Winwood auch seinen formidablen Mitspielern immer wieder ausreichend Raum zur Entfaltung gibt. "Light Up Or Leave Me Alone" ist eine Hommage an dessen Komponisten Jim Capaldi, Winwoods ehemaligen Mitstreiter bei Traffic, der 2005 gestorben ist. Nach zwei kurzweiligen Stunden mit einem Dutzend lang ausgespielter Songs ist "Gimme Some Lovin'" eine letzte Rückblende zur Spencer Davis Group im Jahr 1966. Inzwischen ist Winwood, das ehemalige Wunderkind von damals, 62 Jahre alt. Seine Konzerte sind immer noch ein Vergnügen.

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