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Medlock

© ddp

HIT Parade: Mark Medlock

Diese Woche auf Platz 1 mit „Mr. Loneley“.

Erinnern Sie sich noch an Mike Leon Grosch? An Gracia Baur, Tobias Regner oder Juliette Schoppmann? Aber vielleicht an Daniel Küblböck und Alexander Klaws? Wenn ja, dann verfügt Ihr Gehirn über eine Besondere Windung, das so genannte Kesici-Zentrum, in dem temporäre Berühmtheiten gespeichert werden. Für alle anderen: Es handelt sich um die Namen von deutschen Casting-Show- Teilnehmern, denen kurze bis mittelfristige Medienpräsenz zuteil wurde.

Nun ein Test mit anderen Namen: Britney Spears, Christina Aguilera, Destiny’s Child, Justin Timberlake. Auch diese Damen und Herren sind mal in einer Casting-Show aufgetreten. Sie heißt „Star Search“ und wurde erstmals 1983 in den USA ausgestrahlt. „Star Search“ ist die Mutter aller Casting-Shows wie wir sie heute kennen und hat einige Superstars hervorgebracht. In Deutschland sucht man danach bislang vergebens. Die Aufmerksamkeit reicht allenfalls für ein schnell produziertes Debütalbum, dann folgt Erleichterung darüber, dass die Show und der damit verbundene Boulevard-Trash endlich vorbei sind. Die armen Seelen, sagen zartfühlende Zeitgenossen, werden da einfach verheizt.

Mark Medlock war wohl eine arme Seele, bevor er in der vierten DSDS-Staffel auftrat. Waise, arbeitslos, verschuldet. Aus solchem Material werden große Biografien gestrickt. Es wurde zu einer Schicksalsfrage hochgeschrieben, ob Medlock mit dem Sieg eine Chance auf ein besseres Leben erhält. Mit seinen Knopfaugen scheint der 28-jährige bekennende Schwule Beschützerinstinkte zu wecken. Auch bei dem normalerweise knallharten Dieter Bohlen, den seine Rolle als Juror der Show nicht daran hinderte, Partei für den Kandidaten zu ergreifen und mit ihm hinfort gemeinsam zu musizieren. Er lässt sich „Bobbelsche“ von ihm nennen und das Knie tätscheln.

Was ist bloß mit Dieter los? Okay, seine Musik klang vielleicht schon immer etwas tuckig. Aber wenn er jetzt das Ufer gewechselt hätte, das wüsste die Nation, die über Bohlens Sexualleben stets zeitnah unterrichtet wird. Hat er sich vielleicht einfach ein Gay-Makeover gegönnt, also: sich von Schwulen in Stilfragen beeinflussen lassen? Die Antwort findet sich im Kleingedruckten: Bohlen ist der Macher, die Tantiemen gehen, wie immer, nach Tötensen. Und musikalisch ist von Medlocks großen Soul-Ambitionen nicht viel übrig geblieben. In einem Jahr könnte die Frage lauten: Erinnern Sie sich noch an…? Und dann beginnt für Mark Medlock vielleicht wirklich eine einsame Zeit.

Ralph Geisenhanslüke

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