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Perry

© promo

HIT Parade: Nicht böse, eher gestrig

Erst als Kate Perry bekennt, als Christenmädchen "viel Schlechtes" angestellt zu haben, ist der Boden fürs Teenage-Drama bereitet. Diese Woche ist sie auf Platz 3 mit: "Hot’n Cold".

Der Einfluss von Prediger- und Pastorenfamilien auf die amerikanische Popkultur ist elementar, von Jerry Lee Lewis, der einer solchen entstammte, aber schon als Kirchenchorsänger in seinem Kopf „devils’s music“ rotieren hörte, über Marvin Gaye, der von seinem Vater, einem Prediger der Sieben-Tage-Adventisten, erschossen wurde, bis zu den Teilzeit predigern Al Green und Salomon Burke. Nun erblüht eine neue Frucht in Pastors Garten: Katy Perry.

Auf dem Video ihres neuen Hits steht sie im weißen Brautkleid in einer Kirche. Der Bräutigam zögert, sein Jawort zu geben, haut ab. Wenn es mit rechten Dingen zuginge und Gott hier noch das Sagen hätte, würde die Verlassene jetzt ein Klagelied anstimmen und sich von der Gemeinde beweinen und auffangen lassen. Aber hol’s der Teufel. Perry läuft dem flüchtigen Boy hinterher und hat dabei immer weniger an. „One for the Boys“ heißt das Album zu Perrys internationalem Durchbruch. Die 24-jährige Kalifornierin und Tochter eines Pastorenpaars sah sich zunächst zur christlichen Popmusik berufen. Doch ihr Debüt, das sie 2001 veröffentlichte, fiel durch. Erst als sie bekennt, als Christenmädchen „viel Schlechtes“ angestellt zu haben, ist der Boden fürs Teenage-Drama bereitet. „Ur So Gay“ heißt ein erster Internet-Song. Im selben, blechern-stampfenden Elektro-Beat folgt „I Kissed A Girl“, was ihr prompt Vergleiche mit Madonna einbringt.

Doch das Verwirrspiel um die sexuellen Orientierung ist Staffage. Statt die Konfusion lustvoll auszuleben, ummäntelt die lesbische Liaison eine im Kern unberührte Prüderie. Der intellektuelle Weichling wird als „schwul“ beschimpft, weil er keinen Wumms hat. Auch der Mädchenkuss ist nicht so gemeint. Bloß eine Folge von „drunken curiosity“, betrunkener Neugier, wie Perry in einem Interview gesteht. Zur Unschuldsgeste passt der Fifties-Look des neuen Fräuleinwunders des US-Pop. Böse sieht Kate Perry nicht aus. Eher gestrig.

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