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Musikgruppe Deichkind

© dpa

Konzertkritik: Deichkind: Sag ja zum nächsten Exzess

Oft sind Hip-Hop-Konzerte eine ziemlich langweilige Angelegenheit: Irgendwelche Typen machen auf dicke Hose und fuchteln beim Rappen wild mit den Armen rum. Anders Deichkind.

Marsimoto, die Vorband von Peter Fox, bot dieser Tage: prima Musik, total öde Show. Dabei haben die schon mal mit Deichkind gearbeitet und hätten sich dort einiges abgucken können. Denn die Hamburger haben das völlig durchgeknallte Partyspektakel ihrer Auftritte zum Markenzeichen gemacht.

Dementsprechend ist das Publikum in der Columbiahalle zu jedem Exzess wild entschlossen. Und Deichkind sind gewillt, ihren Ruf zu verteidigen: Mit neongrellen Fantasieuniformen und bizarren Helmen turnen sie auf einem schwarzen Pyramidenpolygon herum, das aussieht, als könne es jederzeit zum Weltraumflug starten.

Drehen an der Chaosschraube

Nach dem programmatisch tumultuösen „Remmidemmi“ wird die Chaosschraube ständig nachgezogen: Enthemmt hüpfen die Nordlichter auf Trampolins rum, rackern sich an martialischen Trimmgeräten ab oder gleiten im Schlauchboot über das wogende Menschenmeer. Es gibt Bungee-Springer, flatternde Riesenvögel und die unvermeidliche Alkoholdusche bei der Säufer-Internationale „Hört ihr die Signale“.

„Ich und mein Computer“ entpuppt sich als liebevolle Kraftwerk-Veräppelung, „Electric Super Dance Band überrascht mit wild klöppelnden Breakbeats, „Arbeit nervt“ hat als Hedonisten-Hymne Stadionpotenzial, und selbst ältere Gassenhauer wie „Bon Voyage“ oder „Limit“ bringen die Halle zum Beben.

Remmidemmi mit Neuzugang

Ein echter Gewinn ist Neuzugang Ferris MC, dessen Rap-Routine den anderen noch mehr Freiraum für ihre Spinnereien einräumt. Nach anderthalb Stunden scheint keine Steigerung mehr möglich, aber Deichkind hauen als Zugabe nochmals „Remmidemmi“ raus und feuern den Inhalt diverser Kissen ins tobende Publikum, das danach aussieht wie gerade einem Schneesturm entronnen. „Impulsive Menschen kennen keine Grenzen.“ Wie wahr!

Jörg W, er

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