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Jan Delay mal wieder als Hip-Hopper beim Konzert der Beginner.

© dpa

Konzertkritik: Die Neu-Beginner

Gemeinsam zurück nach sieben Jahren: Die Beginner geben ein Konzert auf dem Berlin Festival und der Auftritt gerät so lässig wie eine Zusammenkunft in einem Proberaum. Die neuen Songs kommen später.

Die Selbstironie hört man schon, bevor es überhaupt losgeht. "Wir waren mal Stars, waren angesagt und voll cool / Jetzt saufen wir uns voll den ganzen Tag und sitzen im Rollstuhl. " Das Lied gehört Torch, noch so einer Rap-Instanz, die gegangen und längst zurück ist, aber hier am zweiten Abend des Berlin Festivals ist es ein Statement. Sieben Jahre standen die Beginner nicht mehr gemeinsam auf einer Bühne, später werden sie behaupten, die Zeit hätten sie zum Einstudieren einer wilden Tanzchoreografie gebraucht.

"Wir haben eine Show vorbereitet, die geht so in Richtung Classics", verkündet Beginner-Drittel Denyo recht bald, und das ist stark untertrieben: Zwei Stunden lang kramen die Wiedervereinigten alle Hits ihrer Alben "Bambule" und "Blast Action Heros" aus, die sie bis in die frühen Nullerjahre zur erfolgreichsten und gefeiertsten Hip-Hop-Formation Deutschlands gemacht haben. Hammerhart, Fäule, Liebeslied. Einiges neu arrangiert, manches arg dekonstruiert. Vetraut fühlt es sich trotzdem an. Und falls Jan Delay, Denyo und DJ Mad doch ein wenig besorgt waren, ob ihre Rückkehr mehrheitlich begrüßt oder belächelt würde: Sie lassen es sich nicht anmerken. Der Auftritt gerät so lässig wie eine Zusammenkunft in einem Eimsbütteler Proberaum.

Von den Hamburger Wortwitz-Rappern, die vor zehn Jahren den deutschen Hip-Hop dominierten, die ohne Machismo und Ghetto-Ästhetik auskamen, sind die meisten längst sanft entschlafen: Fünf Sterne deluxe haben sich aufgelöst, Eins Zwo genauso, Samy deluxe hat an Tempo und Wortwitz eingebüßt, nur Fettes Brot hielten durch. An diesem Abend in Tempelhof wird klar, dass in den letzten Jahren etwas gefehlt hat im deutschen Rap. Originalität und Entspanntheit zum Beispiel. "Weil ich Tracks übe, land’ ich Hits statt in der Klapsmühle / Spiel lieber mit Worten, statt Schach, wenn ich mich matt fühle."

Die Pause haben sie unterschiedlich genutzt. Denyo produzierte zwei ambitionierte, viel zu wenig beachtete Soloalben, Jan Delay entdeckte den Reggae und Funk, mutierte zum größten Entertainer seiner Generation. Heute Abend sieht man ihn wieder mit Baseball-Kappe und Nikes. Vom Shirt grüßt Darth Vader mit pinkem Lichtschwert.

Sie sparen auch nicht mit kleinen Seitenhieben auf alte Kollegen. Mal droht Jan Delay, nach dem nächsten Lied die Bühne für DJ Tomekk freizuräumen, was im Publikum Hohngelächter provoziert, mal parodieren sie Samy deluxe, als sie dessen Zeilen aus dem Klassiker "Füchse" in Zeitlupe rappen. "Wir haben schließlich 2011", neckt Denyo.

Die entscheidende Frage bei einer Bandrückkehr lautet meist: Wird das eine bloße Revival-Kiste oder können die Musiker noch aktuell mitmischen, Impulse geben, irgendwie relevant sein. Die Beginner haben dazu in Tempelhof keine Auskunft gegeben. Die neuen Songs kommen später. Grandios war es trotzdem.

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