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© promo

Konzertkritik: F.S.K.: Die Referenz ist meine Party

Grooven und Lernen: Anderthalb äußerst vergnügliche Stunden mit F.S.K. im Festsaal Kreuzberg.

Womöglich ist es ein zweifelhaftes Privileg, einen der führenden deutschen Pop-Intellektuellen in der Band zu haben. So verdrehen die vier anderen Mitglieder von F.S.K. schon mal in – gespielter? – Genervtheit die Augen, wenn Thomas Meinecke beim Konzert am Mittwochabend im Festsaal Kreuzberg wieder zu einer seiner geistreichen Song-Einführungen anhebt. Dabei kann man einiges dazulernen über den schwulen Disco-Hedonisten Sylvester, die obskure Schauspielerin María Montez oder „Erinnerungskulte in der afroamerikanischen Musik“.

Meineckes Weisheiten geraten indes nicht zum drögen popreferenziellen Proseminar, weil F.S.K., die seit 1980 in fast unveränderter Besetzung existieren, eine ziemlich einzigartige Band ihrer in allerlei akademischen Berufen etablierten Teilzeit-Musiker sind.

Abstrakte Kürzel, atonale Funkenregen

Für den unverwechselbaren, des öfteren an die Krautrock-Legende Can erinnernden Groove sorgen Carl Oesterhelt, einer der stoischsten Schlagzeuger seit Trios Peter Behrens, und Michaela Melián, die unermüdlich und virtuos ihren Höfner-Violinbass bearbeitet. Wilfried Petzi schabt dazu abstrakte Kürzel auf der E-Gitarre, lässt die Noten auch mal als atonalen Funkenregen herabrieseln wie in „Nokturn“, einer Anti-Hymne für den alternden Clubgänger, der seine „Angst vor der nächtlichen Menschenschar“ bekundet.

Keyboarder Justin Hoffmann sieht wie ein auf vielen Zechtouren gegerbter Altrocker aus, aber nicht täuschen lassen: Im „richtigen“ Leben ist er Direktor des Kunstvereins Wolfsburg. Meinecke selbst hat sich zu einem ziemlich coolen Ergänzungsgitarristen gemausert, der nebenbei emsig auf einem elektronischen Drumpad herumklopft.

Immer noch eine der besten deutschen Bands

Ans Mikro darf jeder mal, wobei die meist als betont unbeteiligt wirkender Sprechgesang vorgetragenen Texte spannungsreiche Kontraste zur gleichzeitig erklingenden Musik liefern. Manchmal auch nur zum Titel: Der „Tiger Rag“, eine instrumentale Ragtime-Rarität aus dem Jahr 1917, erklingt in der F.S.K.-Version als analoger Flohzirkus-Techno mit Wimmerorgel.

Nach anderthalb äußerst vergnüglichen Stunden zollen die nicht mehr ganz jungen F.S.K.-ler der erbrachten Energieleistung Tribut und lassen sich zum Plausch und selbst organisierten „Tonträgerinnen“-Verkauf am Bühnenrand nieder. Immer noch eine der besten deutschen Bands.

Jörg W, er

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