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Konzertkritik: Franz Ferdinand: Volle Pulle

Rock im DJ-Format: Franz Ferdinand traten in der Columbiahalle in Berlin auf.

Diesen Schnöseln schaut man gerne zu. Das kühl-elegante Erscheinungsbild des „New New Wave“ haben sie sich zwar ganz zu eigen gemacht. Auf der Bühne aber können sie ihren Spaß an der Musik kaum verbergen. Franz Ferdinand, das schottische Postpunk-Disko-Pop-Fusionskraftwerk, bestätigte am Mittwochabend in der Columbiahalle von Beginn an seinen Ruf als exzellenter Live-Act.

Kaum auf der Bühne, schneidet bereits das unwiderstehliche Eröffnungsriff von „The Fallen“ durch den Saal. Gitarrist Nick McCarthy marschiert in klassisch-britischer Haltung (brauner Anzug, Gitarre halbaufrecht oberhalb des Beckens) nimmermüde hinter dem Mikroständer. Sänger Alex Kapranos schlakst langbeinig auf der Bühne herum und deutet gelegentlich ein Rocker-Pöschen an, während Bassist Bob Hardy rechts seine kleinen Kreise zieht. Und Schlagzeuger Paul Thomson hat seinen 2/4-Disko-Beat noch etwas schleppender angelegt als sonst und gibt ihm damit angemessen Raum für seine treibenden Bässe. Sieben mannshohe Stroboskopsäulen begrenzen die Bühne, die Videoprojektionen stören nicht weiter. Die große Rock’n’Roll-Show soll es gar nicht sein an diesem Abend. Franz Ferdinand bespielen die Columbiahalle wie einen kleinen Club – und entwickeln erstaunlicherweise auch denselben Druck.

Dabei brauchen etliche Stücke bis zu anderthalb Minuten, ehe sie sich gefunden haben. Doch es sind diese Tempo- und Harmoniewechsel, die am heftigsten in die Gelenke fahren. Erst hier, inmitten der selig hüpfenden Menschen, fällt auf, wie perfekt die Brüche kalkuliert sind. Ansonsten: keine Extras, kaum Ansagen. Unerbittlich löst ein Stück das andere ab: „Auf Achse“, „No You Girls“, „Walk Away“ und das immer noch mitreißende „Take Me Out“ – keine Sekunde lässt der feste Griff der Musiker nach. Das ist das Geheimnis: Franz Ferdinand gestalten ihren Abend wie ein erfahrener Dance-DJ.

Dazu gehört auch das richtige Timing: Nach nicht mal einer Stunde ist die Bühne wieder leer. „Noch eins?“ fragt Kapranos dann, und mit den Zugaben, darunter das lange, zum Electro-Stampfer mutierende „Lucid Dreams“, können Franz Ferdinand sogar noch zulegen.

„Schick war’s“, sagt jemand beim Verlassen der Halle. Es war ein Abend mit klaren Vorgaben: eine Menge, die Druck will, und vier Männer, die Druck machen. Am Ende des Konzerts sieht man zwar kaum leuchtende Augen, aber sehr viele zufriedene Gesichter. Das Publikum hatte bekommen, wofür es erschienen war.Sebastian Handke

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