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Mary Gauthier.

© promo

Konzertkritik: Mary Gauthier im Quasimodo

"Truth Tellers" nennt Mary Gauthier jene Musiker, die ihr immer wieder Mut gemacht haben in harten Zeiten. Die die Wahrheit sagen in poetischen Liedern über das Leben, so wie es ist, ohne Schmus und Schönfärberei, ohne Tirili und Tanderadei.

Ihren Teil an Härten des Lebens hat Mary Gauthier schon in ganz jungen Jahren durchgemacht: abgeschoben nach der Geburt in ein Waisenhaus von New Orleans, schwere Kindheit in einer zerrütteten Adoptivfamilie, ausgerissen, Auto geklaut, Gefängnis, Alkohol, Drogen, Entzug, Herumirren in der Welt auf der Suche nach der eigenen Identität. Trost fand sie in den Wahrheiten der Songs von Hank Williams, Woody Guthrie, Bob Dylan, Neil Young, Leonard Cohen, und Patti Smith. Country, Folk, Americana - egal, wie man es bezeichnet, vielleicht läuft es bei dieser Art von Musik, die einen im tiefsten Inneren berührt, immer wieder hinaus auf die berühmten "Drei Akkorde und die Wahrheit", wie der legendäre Howard Harlan einmal die Country-Musik definiert hat.

Mary Gauthier steht auf der Bühne des Quasimodo in grauem Männerhemd, schwarzer Männerweste, Männerhose und schweren Stiefeln, kurzen Zuppelhaaren und runder rosarotgetönter Brille. Dabei klingen ihre Songs so gar nicht nach Blick durch die rosarote Brille. Eher nach bitterer poetischer Wahrheit.

"Cold winds blowing 'cross sky dull and grey, I'm gonna walk in the water till my hat floates away". Die todtraurigen Zeilen zu drei Akkorden in einfachem, aber effektivem Fingerpicking auf einer schwarzen Taylor-Akustikgitarre erinnern an den großen "Truth Teller" Bob Dylan, in dessen "Black Diamond Bay" am Ende einer Katastrophe nur noch ein Panamahut auf dem Wasser schwimmt.

"Walk In The Water" stammt von Mary Gauthiers jüngstem Album "The Foundling", einem bittersüßen autobiografischen Zyklus über die Zeit im Waisenhaus, die Suche nach der Mutter, Zurückweisung, Enttäuschung.

Exquisit begleitet wird die burschikose Songwriterin aus Nashville von der zierlichen jungen Kanadierin Tanja Elizabeth mit sehr schönen schwirrend schwebenden Sounds auf einer fünfsaitigen Geige mit einer tiefen C-Saite und starken rhythmischen Füßen auf elektronisch verstärkten Fußabtretern.

In dieser feinen sparsamen Duobesetzung bekommt auch die formidable Auswahl älterer Songs aus den vorigen fünf Gauthier-Alben noch einmal eine ganz neue Farbe. All die Geschichten über Alkoholiker, Mörder, zum Tode Verurteilte, Junkies, Prostituierte und der herausragende anrührende Song über den "Last Of The Hobo Kings".

Gauthier liebt die melancholischen Geschichten über die Außenseiter und Ausgestoßenen. Und ist dabei selbst kein Kind von Traurigkeit. Und manchmal ist sogar noch ein vierter oder fünfter Akkord dabei. Die Wahrheit ist es allemal. Herausragendes Konzert.

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