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Konzertkritik: Megafaun im Café Zapata

Rauschen, Quietschen, Pfeifen, Fiepen: Megafaun und eine wüst-schöne, kalkulierte Kakophonie.

An diesem unwirtlichen Sonntag mit neuem Schnee und Kälte in der Stadt ist das Café Zapata nicht besonders stark gefüllt mit Menschen. Doch füllt es sich mit starken Klängen von Megafaun aus North Carolina: Vorne die Brüder Phil und Brad Cook, ein langer Dünner und ein langer Dicker, mit Brillen und Bärten, wie Beat-Poeten aus den 50ern. Hinten, ebenfalls mit Vollbart und langen Zottelhaaren, sägt Joe Westerlund mit einem Violin-Bogen schrille Klangsplitter vom großen Ride-Becken seines kleinen Schlagzeugs, während Phil mit dem 5-String-Banjo und Brad mit der Guild-Akustikgitarre eine wüst schöne, kalkulierte Kakophonie aufbauen. Rauschen, Quietschen, Pfeifen, Fiepen. Bis daraus unerwarteter Wohlklang entsteht: zauberhafter dreistimmiger Harmoniegesang à la Crosby, Stills & Nash. In "Kaufman's Ballad" besingen Megafaun auf ihre eigene poetische Weise die bizarre Geschichte des Roadies Phil Kaufman, der nach dem Tod des legendären Musikers Gram Parsons dessen Leiche kidnappte und in der Wüste bei Joshua Tree verbrannte: "A fallen angel burning bright amongst the sand that took his life". Das Schlagzeug klöppelt filzig verhalten, das Banjo plickert eine rhythmische Melodie, die Akustikgitarre wandert lässig mit. Und plötzlich kracht ein neues Klanggewitter dazwischen. "We had no choice we had to try."

Und sie springen von der Bühne, mit ihren Instrumenten und ihren schönen Stimmen, laufen eine Runde durch die Reihen der entzückten Zuhörer, zurück nach oben, wechseln die Instrumente, jetzt eine Bassgitarre, es klingt ein wenig nach Byrds, aber dann: Bass weg, Sprung an den Laptop, Spielen am Computer, Knöpfe drehen, Tasten tasten. Wildes Feedback, weißer Lärm. Und wieder zurück zum Bass, zu klaren Klängen, makellosen Gesängen. So geht es hin und her. Beach-Boys-Seligkeit, kühne Freistil-Elemente, rockende Bass-Soli, ruhige Balladen. Wild getretene Pedale, bizarre Effekte, Klänge wie aus dem All, gespenstische Sounds, E-Bow auf akustischer Gitarre, traumhaft verdrehte Rhythmen und wieder ein bisschen Old-Time-Folk. Megafaun mischen alles zusammen, was ihnen gefällt, was sie beeinflusst hat. Und daraus entsteht diese bizarr schöne, eigene Musik, die sie mit so viel Leidenschaft und Herzblut interpretieren, dass das Publikum in tosenden Begeisterungstaumel ausbricht. Und sich das Trio noch einmal zwischen die Tische stellt, um unverstärkt und mikrofonlos die letzte Zugabe zu singen: "Come on ease your troubled mind". Was können einem Schnee und Kälte auf dem Heimweg da noch anhaben?

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