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Konzertkritik: Motörhead: Das Original zum Abziehbild

Ihrem Ruf als lauteste Band der Welt wurden Motörhead wieder gerecht. Lemmy und Co. erweisen sich als krisenfest und feiern späte Erfolge.

Alteingesessene feste Größen des Musikgeschäfts sehen sich oft dem zweischneidigen Vorwurf ausgesetzt, sich entweder zu verkaufen oder beharrlich am Repertoire festhaltend zu wiederholen. Wirklich gerecht werden kann man dabei keiner der Seiten. Auch Motörhead wird dieser Einwand gemacht, setzen sie, ähnlich wie AC/DC, doch seit mehreren Jahrzehnten auf Beständigkeit. Im Falle der drei Briten ist diese Beharrlichkeit allerdings durchaus vertretbar, geben sie doch dem Publikum, wonach es verlangt. Und das ist für die inzwischen Mehrgenerationen-Hörerschaft ganz klar: vorhersehbare harte Rockmusik ohne Schnörkel.

Wer auf dem gestrigen Motörhead-Konzert in der Berliner Arena war, wird heute wahrscheinlich noch ein nachwirkendes Rauschen im Ohr zurückbehalten haben. Die Rockinstitution Motörhead, die sich seit jeher „Everything louder than everything else“ auf ihre Fahnen geschrieben hat, wurde ihrem Ruf als eine der lautesten Bands der Welt in der Treptower Arena jedenfalls mehr als gerecht.

Doch trotz bollerndem Bass in der Magengrube: allzu viel durfte man trotz 34-jähriger Bandgeschichte nicht erwarten. Mit einem Repertoire quer durch die letzten Dekaden der Bandgeschichte vertraten Lemmy Kilmister und seine Musiker stur jene oft totgesagte Stilrichtung, die sie selbstbewusst am Freitag mit „We are Motörhead and we play Rock`n`Roll!“ unisono mit tausenden Fans ankündigten. Das musikalische Urgestein, das als Mitbegründer der härteren Gangart des Rock bis hin zum Heavy Metal bezeichnet werden kann, scheidet dabei die Geister.

Zum einen sind Motörhead und vor allem Sänger Lemmy Kilmister genuines Zeugnis einer Zeit wahrer unverfälschter Musik fern der Mainstream-Anbiederung. Kilmister gilt als einer der charismatischsten und spannendsten Protagonisten der harten Rockmusik und als Inspirationsquell ganzer Musikergenerationen. Einst Roadie für Jimi Hendrix, zeitweise Mitbewohner von Ron Wood (The Rolling Stones), sporadisch sogar Texter für Ozzy Osbourne - immer hatte er seine Finger am Puls der Zeit und blieb mit Motörhead doch lange außen vor. Das große Geld machten andere. Doch gerade für dieses Durchhaltevermögen zollen viele Fans und Musikerkollegen der Gruppe seit Jahrzehnten Respekt. Krisenfester als so manche Bank stellen sie für viele der zahlreich erschienenen Zuhörer in der gut gefüllten Berliner Arena gerade dadurch das Original zum Abziehbild der Rock-Attitüde dar.

Für die Anderen bleiben Motörhead charmante alternde Prahlhälse, die auch im steigenden Alter weiterhin kein bisschen leiser oder angepasster werden. Einige Textzeilen wie „I don`t wanna live forever“ jedoch muten beim 64-jährigen Kilmister inzwischen selten ironisch an. Während die Alterskollegen The Rolling Stones den Wendepunkt des Erfolges aber längst überschritten zu haben scheinen, zeichnet sich für Motörhead der späte und verdiente Erfolg ab. Die Tournee durch Deutschland ist nahezu ausverkauft und die jüngsten beiden Alben der Gruppe hierzulande die erfolgreichsten der Bandgeschichte.

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