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Konzertvorschau: Bob Dylan: Die Legende lässt bitten

Bob Dylan macht in der Schmelinghalle Station. „Don’t you dare miss it“, heißt es auf den Konzertplakaten. Die Fans werden da sein.

Fast wie eine Drohung klingt es, wenn auf den Plakaten zu den Konzerten von Bob Dylan steht „Don’t you dare miss it!“. Man möge es nicht wagen, Bob Dylan, wie es ebenfalls seit Jahren auf den Plakaten heißt „In Show & In Concert“ und vor allem in persona zu versäumen. Die treuen und inzwischen zu Teilen etwas wunderlichen Fans werden das auch am Mittwoch nicht tun.

Sie werden mit Sicherheit wieder die große, unwirtliche Max-Schmeling- Halle füllen, mit ihrer Zahl und ihrem Enthusiasmus für den wahrscheinlich größten Songpoeten aller Zeiten, dessen Werk der letzten 50 Jahre vielleicht nie von einem anderen Singer-Songwriter je erreicht werden wird. Sie werden kommen zu einem, über den inzwischen alles gesagt und geschrieben wurde. Und er wird sie mit seiner exzellenten Band und seinen brillanten Songs aus alten und neuen Zeiten wieder genauso begeistern wie die Jahre zuvor mit etlichen fabelhaften Auftritten in Arena, Waldbühne und Tempodrom. Dass Bob Dylan bei diesem Konzert auch schon Appetithappen geben wird vom neuen Album „Together Through Life“, das am 29. April erscheint, ist allerdings eher unwahrscheinlich.

Nicht immer konnte sich Dylan seiner Berliner Fans so sicher sein. Als er während seiner ersten Deutschland-Tournee – er hatte das Land wegen der Nazivergangenheit bis dahin gemieden – am 29. Juni 1978 ausgerechnet in der Deutschlandhalle ein Konzert gab, wurde er von einem Großteil des Publikums ausgebuht, mit Tomaten beworfen und als Verräter beschimpft. Ähnlich wie zwölf Jahre vorher in England, als er während seiner Tour mit „The Band“ aus dem Publikum als „Judas“ beschimpft wurde. Er hatte es gewagt, seine akustische Folk- gegen eine elektrische Rock ’n’ Roll-Gitarre einzutauschen, weil er nicht auf alle Ewigkeiten festgelegt sein wollte auf seine Rolle als Folk-Barde, Protestsänger und „Sprecher einer Generation“.

Das Berliner Publikum von 1978 hatte nicht begriffen, dass Bob Dylan schon lange ein anderer war als der, den sie erwartet hatten, dass er sich künstlerisch ständig weiterentwickelt, nach immer neuen Wegen des Ausdrucks sucht. Offenbar konnten sie ihm nicht verzeihen, dass er neue Songs im Programm und alte wie „Blowin’ In The Wind“ als Reggae neu arrangiert hatte. Dass er mit einer großen Band erschien und mit Backgroundsängerinnen, deren bloße Anwesenheit in bestimmten Kreisen damals schon als „sexistisch“ galt. Dylan konnte sich nur wundern über diesen seltsamen Aufruhr. Was ihn nicht hinderte – nachdem die Verächter zornig abgedampft waren – dem Häuflein zurückgebliebener, begeisterter Fans noch einen berauschenden zweiten Konzertteil zu schenken. Neun Jahre später, im Herbst 1987, lief der Vorverkauf für ein West-Berliner Konzert Dylans derart schlecht, dass es von der Waldbühne in den Treptower Park nach Ost-Berlin verlegt wurde. Die Satirezeitschrift Titanic witzelte damals mit Karikaturen von Dylan-Plakaten, die immer wieder neu überklebt worden waren: „... verlegt nach Warschau, Nachtbar mit Oben-ohne-Bedienung!“ Und, so hieß es in der Titanic, weiter verlegt und noch weiter verlegt, bis schließlich irgendwo nach Sibirien mit der Anmerkung, das Zwei-Mann-Zelt sei beheizt.

Das Gedränge im Treptower Park allerdings war groß. Die DDR-Fans freuten sich, endlich auch einmal den großen Bob Dylan im Konzert erleben zu können, und die Westler konnten ihn endlich einmal zu einem Eintrittspreis von weniger als zehn Mark sehen.

Am morgigen Mittwoch können ihn alle sehen und hören. Und zum stolzen Preis von 67,15 Euro gibt es auch noch ein paar Karten. Möge also keiner wagen, Bob Dylan diesmal zu verpassen.

H.P. Daniels

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H.P. Daniels

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