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Melissa Etheridge im Astra: "I'm here now"

Blues-Rock nannte man das früher, was die 49-jährige Melissa Etheridge aus Kansas im Astra präsentierte. Eine Weile war der Stil verpönt, heute wirkt er frisch und neu.

Blaues Licht und Wahnsinnsjubel im ausverkauften Astra, als ein feierliches Brummelintro einsetzt mit zischelnden Becken, sich auf der Bühne die Schattenrisse einer Band abzeichnen, die blondmähnige Melissa Etheridge in schwarzer Lederhose und verwaschenem Flatterhemd mit Glitzerapplikationen auf die Bühne stürmt, die 12-saitige Ovation-Akustik Gitarre im Anschlag, nicht lange fackelt: "Are you ready? One-two-three-four..." und heftig losrockt.

"Fearless Love" ist der Titelsong vom jüngsten Album. Lange sei sie weg gewesen, sagt die 49-jährige aus Kansas, in Berlin war sie zum letzten Mal vor sechs Jahren. Seitdem hat die taffe Sängerin mit der schmirgeligen Stimme einiges mitgemacht und ausgestanden – persönliche Rückschläge, Brustkrebs und Chemotherapie. "I'm here now" sagt sie mit kratzigem Lachen. Mit neuen Songs, neuem Mut, neuem Leben. Schwere dunkle Gitarrenriffs zu "Miss California". Blues-Rock nannte man das früher.

Eine Weile war der Stil verpönt, heute wirkt er frisch und neu. Mit angenehmen Erinnerungen an Paul Rogers und Maggie Bell. Alles ist ein bisschen kleiner und bescheidener seit dem letzten Berlin-Auftritt 2004 im Tempodrom: keine aufwendige Bühnendekoration, kein Angeberschlagzeug, keine Angeber-Musiker, denen hohle Rockstarposen und technische Frickeleien wichtiger schienen als das Wesentliche: Musik und ihr Ausdruck. Darunter hatte das letzte Konzert gelitten, hatte es zur banalen Klischee-Rock-Show verunstaltet.

Umso überraschender, wie gut das heute alles wieder klingt. Mit jungen Musikern, die ihre Fähigkeiten einsetzen zur Bereicherung der Songs und nicht zum Aufblasen des eigenen Ego. Bass, Schlagzeug und ein Gitarrist, der sich trefflich versteht auf heftige Riffs, geschmackvolle Ornamentierungen und feine Soli. Und dabei auch noch sehr cool aussieht. Hinten ein Keyboarder und eine verlässliche Rhythmusgruppe, und im Zentrum die Etheridge mit akustischen und elektrischen Gitarren und sandiger Stimme, die heute so viel besser klingt als damals. Lässig spielt sie mit der Dynamik und dem hingebungsvollen Echo-Gesang ihrer überwiegend weiblichen Fans, für die sie seit ihrem "Coming Out" 1993 als Ikone der Lesbenbewegung gilt. Balladen, schmackeliger Funk und heftige Rocker, inklusive der großen alten Hits "Bring Me Some Water" und "Like The Way I Do" bringen das Haus zum Toben. Triumphaler Abgang nach zweieinhalb Stunden.

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