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Jackson

© AFP

King of Pop: Michael Jackson: Noch einmal den Thrill suchen

Michael Jackson steht vor einem Comeback-Versuch – über Top oder Flop ist nicht entschieden.

Die Sensation ist da. Auch wenn sie kleiner ausfällt als erwartet: Michael Jackson hat am Donnerstagabend in London sein Bühnen-Comeback in Aussicht gestellt. Statt bis zu 50 Konzerten, die gerüchteweise in der Londoner O2-Arena geplant waren, wird er im Juli voraussichtlich zehn Auftritte in der 20 000 Zuschauer fassenden Halle absolvieren. Jacksons dortige Erklärung vor Pressevertretern und tausenden Fans am Donnerstag wurde mit Spannung erwartet, brachte aber über die Comeback-Ankündigung hinaus kaum neue Erkenntnisse. Der 50-Jährige beließ es in seiner zweiminütigen Ansprache bei vagen Andeutungen. Hintergrund für die Rückkehr ins Rampenlicht dürften enorme Schulden sein. Erst vor einem Jahr verhinderten Jacksons Anwälte die Zwangsversteigerung seiner Neverland-Ranch. Angeblich soll er für die Konzerte bis zu 100 Millionen Pfund bekommen.

Michael Jacksons Karriere im Popbusiness ist einzigartig. Getrieben von einem gewalttätigen Vater, debütierte er mit vier Jahren als jüngstes Mitglied der Familien-Boygroup Jackson Five. Ende der Sechziger, Michael war immer noch ein Knirps von zehn, elf Jahren, wurden sie zum Top-Act des Motown-Labels. Der Stern der Jackson-Brüder war schon wieder verglüht, als Michael der Durchbruch zum Superstar glückte: „Off the Wall“, die von Produzent Quincy Jones auf Hochglanz polierte LP mit ihrem innovativen Crossover von Disco, Soul und Funk mit Rock-Elementen, erschloss 1979 erstmals einem schwarzen Musiker das weiße Mainstream-Publikum. Ein Phänomen, das drei Jahre später ungeahnte Dimensionen erreichte: „Thriller“ ist mit etwa 100 Millionen verkauften Tonträgern mit weitem Abstand die erfolgreichste Platte aller Zeiten. Auf dem Gipfel seines Ruhms war Michael Jackson tatsächlich der „King of Pop“: ein strahlend schöner, immer noch junger Mann mit einer Stimme wie flüssiges Gold, der tanzen konnte wie kein zweiter und Hits für die Ewigkeit locker aus dem Ärmel zu schütteln schien.

Doch so kometenhaft sein Aufstieg war, so bodenlos geriet sein Absturz, trotz erfolgreicher Alben wie „Bad“ oder „Dangerous“. Anders als seine gleichaltrigen Superstar-Kollegen konnte Michael Jackson weder auf die Selbstdisziplin einer Madonna noch auf die Routiniertheit eines Prince zur Bewältigung privater oder professioneller Krisen zurückgreifen. Er, der nie eine normale Kindheit hatte, entzog sich zusehends der Erwachsenenwelt und verschanzte sich im Paralleluniversum von Neverland. Auf dem Anwesen von der Größe Kreuzbergs bevölkerte er sein bizarres Märchenland mit minderjährigen Gästen. Nach ersten Spekulationen und einer abgewendeten Anklage wegen Kindesmissbrauchs wirkten seine beiden Hochzeiten wie Inszenierungen zur Imageaufbesserung. Spätestens nach dem zwar mit einem Freispruch endenden, aber demütigenden Pädophilie-Prozess 2005 schien er gebrochen. Seitdem sind fast alle Nachrichten über Michael Jackson so traurig, dass selbst schadenfrohe Naturen Mitleid verspüren müssten. Die wenigen Auftritte in der Öffentlichkeit waren gespenstisch und zeichneten das Bild eines gesundheitlich zerrütteten Menschen, dem auch musikalisch nichts mehr glückte.

Trotzdem war es voreilig, Michael Jackson endgültig abzuschreiben. Seine Fans haben ihn sowieso nicht vergessen: Selbst die Jubiläums-Edition von „Thriller“ verkaufte sich 2008 drei Millionen Mal. Vermutlich werden die Konzerte bei moderaten Eintrittspreisen von umgerechnet 56 bis 84 Euro rasch ausverkauft sein. Ob sie tatsächlich stattfinden, dürfte von Jacksons physischer Verfassung abhängen: Ist er fit genug für eine zweistündige Bühnenshow? Falls ja, ist ihm einiges zuzutrauen. Neues ist dabei kaum zu erwarten: „Ich werde nur die Songs aufführen, die meine Fans hören wollen.“ Und die Wiederbegegnung wird zum Abschied: „Das werden meine letzten Shows in London sein“, sagte Jackson und kündigte seinen endgültigen Rückzug von der Bühne an. Hoffentlich reicht die Gage dann für einen kommoden Lebensabend des größten Popstars der letzten 30 Jahre.

Jörg W, er

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