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Raha Nejad

© Dieter Hartwig

Postkolonialer Tanz in den Sophiensälen: Jenseits von Kung Fu

Die Sophiensäle zeigen in einem neuem Format fünf Choreographien die sich mit postkolonialen Fragen auseinandersetzen. Alles andere als trocken akademisch.

Von Sandra Luzina

Der Choreograf Christoph Winkler hat ein neues Format ins Leben gerufen. Die Serie „Studies on Post-Colonialism“ will in den nächsten Jahren eine Serie von Stücken zu postkolonialen Fragen erarbeiten. Reißt hier etwa ein Weißer das Thema an sich? Aber Winkler hat schon öfters mit außereuropäischen Tänzern zusammenarbeitet, aus Diskussionen entstand diese Reihe. Winkler bietet den Performern eine Bühne, sie bringen Material und Geschichte mit. Fünf Choreografien waren nun in den Sophiensälen zu sehen.

„Can Asians Dance?“ fragt Naishi Wang in seinem Solo. Er wurde in Kung Fu ausgebildet, hat westliche Techniken studiert. Jetzt hinterfragt er das Selbstverständnis westlicher Choreografen, die sich offen wähnen für andere Stile und dann doch nur eine exotische Kung-Fu-Nummer wollen. Seine berechtigte Frage: Wie könnte meine Praxis deine Praxis wirklich beeinflussen? Wang erzählt, dass seine Heimat ihm fremd geworden sei. Und demonstriert, dass Chinesen sehr wohl über sich selbst lachen können. Raha Nejad, die iranische Wurzeln hat, kommt aus der Berliner Urban-Dance und Voguing-Szene.

Tänzerischer Wettstreit zwischen China und Afrika

Die extravagante Tänzerin hat sich einen Namen gemacht mit ihrer Haar-Obsession. Sie schüttelt ihre hüftlange Mähne, lässt ihren Pferdeschwanz zu Techno- Beats kreisen. Raha Nejad ist überzeugt, dass die Betonung des Haares das „Persische“ an ihr sei. Das ist eine subjektive Sichtweise, doch die Art, wie sie den urbanen Tanz interpretiert hat, auf jeden Fall eine sehr weibliche Note. In „Dancing like a white guy“ wandelt Aloalii Tapu auf den Spuren von Steve Paxton, einem Heroen des postmodernen Tanzes. Wie Tapu,  2016 mit dem „Faust“ ausgezeichnet, sich dessen „Goldberg Variations“ aneignet und mit polynesischen Elementen durchsetzt, ist recht eigenwillig.

„The Lion & The Dragon“ ist eine Begegnung von Naishi Wang und Ahmed Soura. Dass China seine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten weiter ausbaut, wird oft als neuer Kolonialismus kritisiert. Hier liefern die beiden Tänzer sich einen lustigen Wettstreit. Der Chinese ist von eigener Überlegenheit durchdrungen, der Afrikaner will ihm einfach nur Tanzen beibringen. Ein amüsanter Cultural Clash. Die fünf Studien sind alles andere als trocken akademisch. Es ist spannend, die Sichtweisen der Tänzer kennenzulernen, die allesamt Grenzgänger zwischen den Kulturen sind.

wieder 8. bis 10. Dezember, 19 Uhr

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