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Kultur: Pußtaflämmchen

Das American String Quartet gastierte in der PhilharmonieVON KEVIN CLARKEDa krächzte und knarrte, knisterte und kratze wenig.Das hochexpressive, zwischen schrillen Klängen und explosiven Rhythmen pendelnde 3.

Das American String Quartet gastierte in der PhilharmonieVON KEVIN CLARKEDa krächzte und knarrte, knisterte und kratze wenig.Das hochexpressive, zwischen schrillen Klängen und explosiven Rhythmen pendelnde 3.Streichquartett Béla Bartóks aus dem Jahr 1927 hatte in der Wiedergabe des American String Quartet im Kammermusiksaal der Philharmonie wenig Pußtafeuer.Wirkte zahm statt unter Starkstrom stehend.Von barbarischer Wildheit in den Doppelgriffketten oder aggressiver Attacke bei den plötzlichen fortissimo-Schlägen keine Spur.Darüber konnte auch die dschungelrote Abendrobe der zweiten Violinistin nicht hinwegtäuschen: Sie verfehlte ihre Wirkung als optisches Reizmittel, stimulierte die drei männlichen Kollegen nicht zu hemmungsloser Klangekstase oder -entladung.Verführte sie leider auch nicht zu jenem sirenenhaften Lyrismus, dessen Haydns spätes D-Dur Sreichquartett op.76 idealerweise bedürfte.Besonders Peter Winograd am ersten Violinpult fand den kristallklar erblühenden Ton dieser klassisch grazilen Musik eher selten.Er tänzelte im Haydnschen 6/8-Takt allzu zurückhaltend brav statt charismatisch bravourös dahin.Auch im "Largo cantabile e mesto" versagte Winograd der sich wunderbar entfaltenden Haydn-Melodik die strahlende Dominanz der Oberstimme.Doch dann kam Sharon Kam - und alle Einwände waren vergeben und vergessen.Nachtblau gewandet entlockte die blutjunge Israelin in Brahms Klarinettenquintett h-Moll op.115 ihrem Blasinstrument so traumverhangene Töne, daß man nachgerade süchtig werden konnte.Am schönsten kam ihr klangvolles Spiel im Adagio zur Geltung, das sie zu einem berührenden Gesang von großer Eindringlichkeit machte.Je elegischer sie Brahms üppig ausschwingende Melodiebögen nachzeichnete, desto weiter wurde der Zuhörer entrückt - quasi davongetragen.Bis er nach dem liedhaften "con moto"-Finale, innerlich erwärmt, beglückt in die klirrende Märznacht entlassen wurde: im Wissen, eine Sternstunde des Klarinettenspiels erlebt zu haben.

KEVIN CLARKE

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