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Kultur: Rickie mit Jungs

POP

Zickig sei Rickie Lee Jones, hatte jemand gesagt: sie will nicht, dass geraucht wird. Da wünscht man sich mehr „zickige“ Musiker. Das Palais der Kulturbrauerei in Berlin ist zwar drängelig voll, doch wenigstens nicht neblig blau gequalmt. Angenehm auch, dass ausschließlich früher Van Morrison und Dylan vom Band das Vorprogramm bestreiten. Die Band steht neben der Bühne. Vollzählig, Instrumente umgehängt. Startklar. Wo ist Rickie? Da kommt sie: lange blonde Haare, weiße Strickjacke, karierte Hose. Kaum zu sehen auf der niedrigen Bühne. Gut zu hören. Durchdringende Stimme zum geklopften Tamburin, und die Band noch ganz ruhig. Tom-Waitsig, wurzelig, knorrig.

„Lap Dog“ zu Dobro, Akkordeon, Geige, Harmonica, Kontrabass im Cello-Format, handgeschlagenes Schlagzeug. Weitere Songs vom neuen Album „The Evening Of My Best Day“. Sechs Jahre hatte Rickie nicht mehr komponiert, keine Platten aufgenommen. Sich um die Tochter zu kümmern, war ihr wichtiger. Endlich ist sie zurück. Da ist immer noch die variable Stimme von hauchiger Wärme bis zu schrill klirrender Kühle. Trefflich dosiert. Begleitet von acht grandiosen Musikern, die ständig die Instrumente wechseln. Vom intim kammermusikalischen Streicher-Pizzicato zum brassigen Soul-Gebläse. Jazz, Pop, R&B. Alle haben sichtbar Spaß, lachen sich an.

Rickie kichert vergnügt. Improvisiert a cappella, während ihre Gitarre gestimmt wird. „Mink Coat At The Bus Stop“ ist sumpfig schaufelnder, schmutziger Blues, der immer wieder in eine mehrstimmige Ballade wechselt. Rickie solo: Bowies „Rebel, Rebel“. Jazzig mit den Jungs: „Weasel And The White Boy Cool“. Am Piano: „We Belong Together“. Vor den schönen alten Songs muss sie die neuen nicht verstecken. Sie singt fast alle. Zwei zauberhafte Stunden lang. Zum Ende „Ugly Man“, die zornige Abrechnung mit Bushs Politik. Grandioses Comeback.

H.P. Daniels

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