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Zwei kommen sich näher. 2008 begann die zarte Romanze zwischen Merkel und Schweinsteiger.

© dpa

Rinkes Love Letters (7): Was Angie vor dem Halbfinale an Schweini schrieb

Immer, wenn Deutschland bei der WM spielt, schreibt Merkel-Ghostwriter Moritz Rinke einen Liebensbrief an Bastian Schweinsteiger. Diesmal fiebert sie dem Halbfinale gegen Spanien entgegen.

Lieber Basti,

ich bin überwältigt. Ich habe noch nie mit so netten Männern ein Bier getrunken. In einer Herren-Umkleidekabine!! Nach dem Sieg gegen Argentinien (4:0!!!) bin ich aufgesprungen und habe zu dem Präsidenten Südafrikas gesagt: „Mr. Zuma, it was nice to meet you, but now I have to go sofort to the German Herren-Umkleidekabine!“ Mr. Zuma nickte mit dem Kopf, und ich bin dann mit meiner roten Jacke los, die anderen saßen ja alle noch auf ihren Stühlen rum, ich bin ganz allein durch den Keller vom Stadion gelaufen. Einmal fragte mich ein Bediensteter von der FIFA: „Who are you?? Do you want to piss here like this English hooligan?“

Ich dachte, ich hör’ nicht richtig. „To piss??!“, habe ich den Fifa-Bediensteten ermahnt. „Do you not looking television?? I am the German Bundeskanzlerin! I have to meet Mr. Schweinsteiger, no piss!!!” (Da hat sich wohl neulich ein englischer Fan verlaufen und stand plötzlich neben Beckham auf dem Klo!) Ich habe dann die Kabinentür aufgemacht und gedacht, das gibt’s doch nicht, warum weint ihr denn alle, lauter weinende, nackte Männer?? Einer war ganz klein und weinte am bitterlichsten, ich fragte ihn: „Wir haben doch gewonnen, warum weinst du denn so, bist du dieser kleine Marin aus Bremen mit bosnischem Migrationshintergrund?“

„No, I am Messi!!”, hat der gesagt und noch mehr geweint, du, das war gar nicht Marin, das war der MESSI, ich war in der argentinischen Kabine!! Dieser Maradona betete und wollte sich danach am Handtuchhalter aufhängen. „Mülllllerrrrrr! Bumm! Bummmm!“ hat er noch gerufen und deinen Namen, Basti,  „Sweiiiiiiinsteigerrrr!! Sweeiiiiiiiiiiinsteigerrrrrrrr!!!!“, dann ist der Handtuchhalter abgebrochen und Maradona heruntergefallen.

Ich bin dann raus und sah Gott sei Dank Jogi Löw auf dem Gang. „Anschela!“, hat er mich gerufen, er sagt immer „Anschela“, wie süß. Es war toll bei euch in der Kabine. Ihr alle im Schlüpfer, und ich mit meiner roten Jacke ... Ich muss wirklich sagen: Wenn man so sieht, wie Gott euch geschaffen hat, dann seht ihr gar nicht aus wie Deutsche. Die Argentinier sahen nackt viel deutscher aus! Der eine, der hatte sich bei mir noch mit „Heinze“ vorgestellt, bevor er sich auch aufhängen wollte, „Heinze“!? Bei uns heißen die Spieler „Özil“ oder „Khedira“, ja, da merkt man, dass wir ein temperamentvolles, ein rassiges Land geworden sind.

Die einzigen, die das noch nicht kapieren, sind die deutschen Journalisten und meine eigene Partei! Natürlich geht es in der Regierung eines temperamentvollen und rassigen Landes auch mal drunter und drüber, das ist doch ganz normal! Wenn wir die Deutschen von früher wären, dann wäre alles ausgesprochen langweilig mit Dienst nach Vorschrift, aber seitdem ich eben die Zügel auch mal bewusst etwas lockerer gelassen habe in der Regierungsarbeit, spielen wir plötzlich auch viel lockerer und rassiger Fußball! Ist dir der Zusammenhang schon aufgefallen? Ich stehe einem südamerikanischen, asiatischen, man kann auch sagen muslimischen Regierungsstil viel näher, als das Seehofer und Westerwelle begreifen können! Das kannst du mal im Interview nach dem Spiel bei Netzer und Delling sagen, dass ihr im Prinzip alle spielt wie Angela Merkel, dann checkt es vielleicht auch endlich mal meine idiotische Koalition!

Moritz Rinke, 42, ist Schriftsteller, Tagesspiegel-Autor und Stürmer der Autoren-Nationalelf. Zuletzt erschien von ihm der Roman „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“.

© Joscha Jenneßen

Heute gegen Spanien, Basti! Diesmal kann ich nicht da sein, aber ich ziehe mir wieder die rote Jacke an und schaue, wie du spielst. Ach, Basti, du bist der Beste. Ich wollte dir´s schon lange sagen, aber du bist der Allerbeste!! Vielleicht sind es auch meine Briefe, die dir helfen, wer weiß das schon ... (Dem Mesut Özil hat ja mein kleiner Brief auch geholfen, ich habe ihm in der Kabine mein Lob ausgesprochen: „Mesut, dein Trainer nennt mich Anschela, du kannst mich Anglek Merkut nennen!“, das war eine Anspielung auf seine blöde Freundin, die angeblich wegen ihm zum Islam konvertieren will, obwohl sie mit einem Finnen verheiratet ist!!, das schrieb ich dir ja). 

So. Heute macht ihr aus unserem Gegner ein spanisches Omelett ohne Kräuter, ich tippe auf ein 5:0!!! Und wir sehen uns dann am Sonntag in Johannesburg in der Herren-Umkleidekabine nach dem Finale gegen die Tulpenzüchter! Wir werden lachen, und die anderen werden weinen. Wir werden Bier trinken, und die anderen werden „Sweeiiiiiiiiiiinsteigerrrrrrrr!!!!“ rufen und sich wieder am Handtuchhalter aufzuhängen versuchen. Oh, ich freue mich wie ein kleines Mädchen darauf. Deine Angie („Anglek Merkut“). Habe ich bei Mesut Özil unter den Brief geschrieben! ☺ ☺

PS: In Berlin fackeln die Linken den begeisterten Türken ihre Deutschlandfahnen ab! Manchmal verstehe ich die Welt auch nicht mehr ...

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