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Kultur: Roman Opalka: Graf Zahl malt sein Leben, nach Nummern versteht sich

Zahlen können nicht zählen, sie können auch nichts erzählen. Aber mit Zahlen etwas zu zählen, das geht, und vielleicht auch, mit Zahlen etwas zu erzählen.

Zahlen können nicht zählen, sie können auch nichts erzählen. Aber mit Zahlen etwas zu zählen, das geht, und vielleicht auch, mit Zahlen etwas zu erzählen. Ein Leben zum Beispiel, eine Lebenszeit. Der polnische Künstler Roman Opalka hat mehr als drei Jahrzehnte damit verbracht, seine Existenz in Zahlen zu dokumentieren: 1965 begann er mit einer kleinen weißen Eins links oben auf einer fast zwei Meter hohen schwarzen Leinwand. Seitdem, seit über 12 500 Tagen, malt Opalka täglich an der fortlaufenden Zahlenfolge. "Opalka 1965/1 bis unendlich" nennt der 69-Jährige das Gesamtkunstwerk, das sein ganzes Leben umfaßt. Mittlerweile hat er die Grenze zur siebten Million überschritten und sich ausgerechnet, dass er die 7 777 777 noch erreichen könnte. Stationen seiner 35-jährigen Arbeit an diesem einzigen Kunstwerk zeigt Opalka in dem großformatigen Bildband "Roman Opalka", zum Preis von 98 Mark erschienen im Münchner Prestel Verlag. Der in Frankreich lebende Künstler hat bislang mehr als 200 gleichformatige Zahlenbilder angefertigt, "Details" seines Gesamtprojekts genannt. Als er die Grenze zur Million nach sieben Jahren überschritten hatte, begann Opalka, bei jedem neuen "Detail"-Bild ein Prozent mehr weiße Farbe in das Schwarz der Leinwand zu mischen. Je älter er wird, desto heller werden seine Bilder, bis eines Tages die Zahlen vor dem Hintergrund nicht mehr zu erkennen sein werden. So malt sich Opalka dem Licht entgegen, aber unweigerlich auch seinem eigenen Ende. Er dokumentiert den Fluss der Zeit und mit der Zeit den eigenen Tod: Wenn er stirbt, wird eine siebenstellige Zahl diesen Zeitpunkt markieren - und sein Werk vollendet sein.

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