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Kultur: Rote Löcher

Montagnachmittag, Abgeordnetenhaus von Berlin. Auf dem Terminkalender im "Unterausschuss Theater" steht der nicht ganz neue, gleichwohl topaktuelle Tagesordnungspunkt "Finanzielle Situatuion der landeseigenen Bühnen".

Montagnachmittag, Abgeordnetenhaus von Berlin. Auf dem Terminkalender im "Unterausschuss Theater" steht der nicht ganz neue, gleichwohl topaktuelle Tagesordnungspunkt "Finanzielle Situatuion der landeseigenen Bühnen". Mit Anhörung der Intendanten. Und alle, alle kamen. Kultursenator Thomas Flierl, der krankheitshalber nicht erscheinen kann, hat ihnen keine klare Diskussionsgrundlage zu bieten. Nur soviel: 27 Millionen Euro muss er im Doppelhaushalt 2002 / 2003 einsparen, dazu hat er sich verpflichtet. Konkrete Kürzungen hat er bislang nur in Höhe von etwa 5 Millionen Euro ausgewiesen - und, wie berichtet, im Falle des Podewil, der Kunst-Werke, der "Freunde der Deutschen Kinemathek" und einigen anderen wieder zurückgenommen oder reduziert. Über die Frage, wo und wie die restlichen 22 Millionen Euro eingespart werden könnten, schweigt sich die Kulturverwaltung aus. So steht zu befürchten, dass die Verabschiedung des Doppelhaushalts am 27. Juni im Falle der Kultur bleibt, was sie jetzt schon ist: eine Pauschalkürzung, die spätestens im kommenden Jahr knallharte Folgen haben wird. Denn wie soll eine solche hohe Summe ohne Schließungen überhaupt aufgebracht werden?

Alice Ströver, Kulturexpertin der Grünen, nennt dies eine Selbstentmachtung des Parlaments. Sie hat Recht. Drei Monate kostbare Zeit seit Bekanntgabe der Sparvorgaben im März, Zeit, um Konzepte zu erarbeiten und öffentlich zu diskutieren: vertan. Die Chance, mit anderen Ressorts über mögliche Verschiebungen von Etats zu verhandeln: verschenkt. Die Verhandlungen mit Bund und Ländern, über die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, über eine länderübergreifende Neuordnung der Gedenkstättenfinanzierung (Stichwort "Topographie des Terrors"), auch über die Staatsoper: zu spät.

Dabei muss das Rad ja gar nicht neu erfunden werden. Wer die Reformideen der jüngsten Vergangenheit Revue passieren lässt, weiß, dass das vom Rat der Künste vorgeschlagene Kulturforum sich eigentlich erübrigt. Schon seit der Ära Radunski und erst recht seit Christoph Stölzls Opernkonferenz liegen die Ideen auf dem Tisch: Bühnenstrukturreform, Zusammenlegung von Werkstätten und Verwaltungen, Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften, Abfindungsregelungen, Umwandlung einzelner Häuser in andere Rechtsformen - all das hätte schleunigst vorangetrieben werden müssen. Jetzt soll diskutiert werden. Mit den Betroffenen. Über Phantomzahlen.

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