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Die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte

© Jens Kalaene/dpa

Volksbühne, nächste Runde: Rührt euch!

Der Kampf geht weiter: Guillaume Paoli, der Hausphilosoph vom Rosa-Luxemburg-Platz, hat einen Aufruf wider Chris Dercon verfasst.

Wie wär’s mit der Freien Volksbühne? Man bräuchte dem Haus der Berliner Festspiele nur seinen alten Namen zurückzugeben und die „Neue Volksbühnenbewegung“ hätte ein prima Domizil. Die Anti-Dercon-Aktivisten suchen Spielstätten, im Gründungs-Aufruf der „Neuen Volksbühnenbewegung“ ist jedenfalls die Rede davon. Guillaume Paoli, der Hausphilosoph vom Rosa-Luxemburg-Platz, hat den Aufruf ins Netz gestellt: ,Man will Abende in eigener Regie veranstalten, „von einem sympathisierenden Ort zum anderen wandern“.

Die „wahre Volksbühne“ gegen die „Ware volksbühne“: noch eine Kriegserklärung. Der Kampf geht weiter, gegen eine angeblich nur noch auf Stadtmarketing sinnende Kulturpolitik und vor allem gegen Chris Dercon als designierten Castorf-Nachfolger und schlimmstmöglichen Kommerzialisierer der Künste.

Beim Staatsballett-Debakel kann höchstens noch ein gewiefter Mediator die Fronten aufweichen. Auch bei der Volksbühne spitzt die Lage sich zu: Der Ton wird schärfer, drohender, unversöhnlicher. Die neue politische Konstellation nach der Wahl begünstige ein Überdenken der Dercon-Entscheidung, heißt es in dem Aufruf. Rot-Rot-Grün verlängert Frank Castorfs Vertrag über die 24 Jahre Laufzeit hinaus? Nein, man habe nichts gegen einen Neuanfang, aber „wir lassen uns nicht wegkuratieren“. Notfalls geht man ins Exil, wird zum Wandertheater, wie damals in den Anfangsjahren des Volkshauses. Am 4. Oktober ist Gründungsversammlung im Roten Salon, anschließend stehen „Die letzten Tage der Sozialdemokratie“ auf dem Programm, mit Paoli und Jürgen Kuttner .

Chris Dercon hat sich seit Juli nicht mehr geäußert

Berlins Theaterstreit nimmt kein Ende. Die Zentrifugalkräfte sorgen für Wirbelstürme, aggressive Attacken, kleine und große Fluchten und noch größeren Unsinn. Da wird Dercon unterstellt, dass er nur noch das internationale Publikum im Visier habe – weshalb er zum Totengräber des deutschsprachigen Sprechtheaters dämonisiert wird. Und da gießt Noch-Kulturstaatssekretär Tim Renner unbedacht Öl ins Feuer, wenn er Dercon im „taz“-Interview mit der Falschaussage verteidigt, der Museumsmacher habe bereits vor der Volksbühne mit Christoph Schlingensief gearbeitet. Dumm gelaufen. Dercon arbeitete später mit Schlingensief, auch damit hätte Renner argumentieren können, um das Feindbild zu erschüttern.

Und Dercon? Trat im Juli vor geladenen Gästen im Roten Rathaus auf und sagt seitdem nichts. Auch wenn die Hoffnung zuletzt stirbt, dass die Sondierungsgespräche hinter den Kulissen weniger feindselig geführt werden, eben weil sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden: Manchmal ist Schweigen die aggressivste Form der Kommunikation.

„Es war unser Ziel, die Fritschs und Polleschs dieser Welt zu halten“, so Renner. Herbert Fritsch („Murmel Murmel“, „der die mann“) veranstaltet lieber sein eigenes Wandertheater. Im November feiert der Regisseur mit „Pfusch“ seine letzte Volksbühnen-Premiere, dann geht’s ab an die Schaubühne. Jüngste Meldung: Intendant Thomas Ostermeier freut sich, dass der Volksbühnenstar ab 2017/18 am Lehniner Platz inszenieren wird.

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