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Kultur: Ry Cooder

Diese Woche auf Platz 83 mit: „Chávez Ravine“

Der Gitarrist Ry Cooder hat schon so ziemlich überall und mit jedem auf der Welt gespielt. In den Sechzigerjahren mit Taj Mahal und den Rolling Stones. In den Siebzigerjahren als Legende der Slide-Gitarre und als Filmkomponist. Ende der Achtziger hat er „sich vom Rock’n’Roll verabschiedet“. Seine persönlichen Vorlieben, sagte Cooder, hätten nichts mehr zu tun, mit dem „Formatgeschäft“. Er begann zu reisen. Mali, Hawaii und schließlich Kuba, wo er eine Band freundlicher Herren fortgeschrittenen Alters entdeckte. Seit dem Erfolg des Buena Vista Social Club gilt Ry Cooder als Schatzsucher der Weltmusik, einer, der musikalische Goldadern mit den Ohren findet. Diesmal aber ist Ry Cooder nicht der liebe Multi-Kulti-Onkel mit dem alternativen Cocktail-Sound. Diesmal hat er vor seiner Haustür in Los Angeles gegraben. Ob „Chávez Ravine“ auch ein profitabler Claim wird, muss sich herausstellen. Ein Wagnis ist es allemal, jenem Stadtteil ein Album zu widmen, der in den Fünfzigerjahren planiert wurde, um einem Baseball-Stadion der Dodgers Platz zu machen.

Rassenunruhen, Ufo-Angst, McCarthy-Paranoia – das fügt Cooder zu einem akribisch recherchierten Mosaik, in dem Zeitgeschichte und musikalische Strömungen wie Chicano, Conjunto, Rhythm & Blues zu einem akustischen Dokumentarfilm zusammenfließen. Ein assoziatives Gebilde, das ebenso schwer fassbar scheint wie der Smog über L.A. – und doch verströmt es bei längerem Hören jene hemmungslose Melancholie, die man an Ry Cooders Werk allgemein schätzt. Schön, dass er es sich nicht leicht gemacht hat.

Ralph Geisenhanslüke

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