zum Hauptinhalt

Kultur: Salami-Sonnen

spitzt den Bleistift angesichts von so viel Druckgrafik So selbstkritisch sind Künstler selten: Zur „grässlichen Ausstellung“ im „schlimmen Stuttgart“ des „doofen Jahres 70“ lädt der „dämliche Dieter Roth “ ein. Nach dem Motto: Wer hingeht, ist selber schuld.

spitzt den Bleistift angesichts von so viel Druckgrafik So selbstkritisch sind Künstler selten: Zur „grässlichen Ausstellung“ im „schlimmen Stuttgart“ des „doofen Jahres 70“ lädt der „dämliche Dieter Roth “ ein. Nach dem Motto: Wer hingeht, ist selber schuld. Diejenigen, die der vielversprechenden Einladung vor 35 Jahren trotzdem nicht gefolgt sind, können das jetzt in der Ausstellung „Kleines Stellarium“ in der Galerie Stella A. nachholen (Gipsstraße 4, bis 23. Juli). Neben der Ankündigung hängt ein typisches Werk des 1998 verstorbenen Malers und Aktionskünstlers, der vor allem durch seine über Jahrzehnte hinweg sich zersetzenden Schokoladen- und Schimmelobjekte bekannt wurde: Eine verblichene Salamischeibe klebt auf blau-weißem Karton. Ihr nach wie vor anhaltender Auflösungsprozess hat einen eindrucksvollen Fettkranz produziert. „Kleiner Sonnenuntergang“ heißt die Arbeit von 1968 und erinnert an die kitschigen Postkartenmotive des letzten Sommerurlaubs (5500 Euro).

Mit reichlich Ironie arbeiten auch die beiden anderen Künstler der Ausstellung: der surrealistisch anmutende André Thomkins sowie Joseph Beuys . Von ihnen ist vor allem Druckgrafik zu sehen, und ein signiertes Blatt von Beuys kann man bereits ab 180 Euro bekommen. Er hätte daran seine Freude gehabt, denn „Das Kapital“, so der Titel der beiden kleinformatigen Radierungen von 1983 für 3400 Euro, waren für Beuys bekanntlich menschlichen Fähigkeiten und insbesondere ihre Kreativität. Auf gewisse Weise bekommen die grafischen Arbeiten doch noch einen Unikatcharakter: Der Künstler hat mit Bleistift unterhalb der Radierungen kleine Arbeitsskizzen gesetzt.

* * *

Günstiges von großen Namen scheint auch das Motto der Ausstellung „Internationale Grafik“ in der Galerie Walter Bischoff (Linienstraße 121, bis 22. Juli) zu sein . Es gibt Lithografien, Siebdrucke und Radierungen von 20 Künstlern, darunter Sigmar Polke, Andy Warhol, Gerhard Richter oder Robert Rauschenberg . Wobei nicht jeder in diesen Techniken zur Hochform auflief. Während der Siebdruck für Warhol zur Königsdisziplin wurde,wie ein Frauenkopf mit Hut in der Ausstellung eindrücklich beweist (7000 Euro), zeichnen sich Rauschenbergs berühmte Combine Paintings aus den verschiedensten Materialien und alltäglichen Fundstücken durch ihre Dreidimensionalität aus. Die Grafik bietet ihm diese Möglichkeit nicht und so wirken seine Lithografien seltsam flach und belanglos (2900 Euro). Auch die Druckgrafik von Emil Schumacher , dessen Gemälde mit ihrem oft zentimeterdicken Malgrund aus Sand, Blei oder Erde zerfurchten Kraterlandschaften ähneln, wirkt fremd und unpersönlich (4000 Euro). Aber es hat auch etwas Tröstlichen, dass nicht einmal die Meister in jeder Disziplin brillieren.

Laura Weißmüller

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false