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Der Kinderbuchautor Paul Maar, Erfinder des Sams.

© imago/P.Schönberger

Paul Maar im Interview: Sams-Erfinder: "Ich bin für Kinder der ferne Freund"

Alle Welt liebt sein Sams. Ein Gespräch mit Paul Maar, dem Vater der frechen Kultfigur, zum 80. Geburtstag.

Herr Maar, bekommen Sie in Bamberg tatsächlich eine Sams-Ampel zum 80., ein Ampelmännchen mit Sams-Silhouette?
Das war eine hübsche Idee der Stadt, aber es wurde wohl nicht genehmigt. Das Verkehrsamt hielt es für zu gefährlich.

Wenn man Kinder fragt, wonach der Samstag benannt ist, sagen viele: „Nach dem Sams“. Eine große Ehre für einen Autor.
Wenn das stimmt, ja (lacht). Ich höre immer wieder von Erzieherinnen, dass die Kinder die Wochentage durch „Eine Woche voller Samstage“ lernten.

Wenn Sie drei Wunschpunkte beim Sams frei hätten: Was wünschen Sie sich?
Dass mir auch nach meinem 80. noch viele Ideen kommen. Zum zweiten, dass es meiner großen Familie weiter gutgeht, und wir in Harmonie leben. Und drittens, dass ich nicht bei allen Interviews immer diese Frage beantworten muss (lacht).

Woher wissen Sie so genau, was Kinder fühlen und denken?
Im Grunde genommen denke ich überhaupt nicht an die Kinder, wenn ich schreibe. Ich schreibe die Bücher, die ich als Kind gerne gelesen hätte. Ich merke bei Lesungen, dass sie genau die Stellen, die ich witzig finde, auch witzig finden.

Kinder zum Lachen bringen: Funktioniert das noch genauso wie beim ersten Buch?
Das ist eine ganz andere Generation, aber es freut mich sehr, dass die Kinder an den gleichen Stellen laut lachen wie vor 40 Jahren. Der Humor scheint sich nicht sehr verändert zu haben.

Wollen Sie mit Ihren Geschichten Kinder auch stark für den Alltag machen?
Ja, wobei ich nicht das Gefühl erwecken will, ich schriebe pädagogische Bücher. Aber wenn aus einem Buch nicht der pädagogische Zeigefinger herausragt, sondern man die Botschaft spielerisch vermittelt, dann finde ich durchaus, dass ich Kindern das Gefühl geben will, sich ein bisschen mehr zuzutrauen – ähnlich wie der Herr Taschenbier.

Sie bekommen fast täglich Fan-Briefe. Die Verantwortung nehmen Sie sehr ernst, Sie beantworten alle Briefe handschriftlich.

Meine Frau beschwert sich sogar manchmal, dass ich den Kinderbriefen so viel Zeit widme. Dann sagt sie im Scherz: „Ich sollte dir auch mal einen Brief schreiben.“ Aber es stimmt: Ich bin für die Kinder der ferne Freund.

Sie haben in Birkenfeld, 50 Kilometer von Bamberg entfernt, ein Schreibhaus. Welchen Vorteil hat es, dort zu arbeiten?
In Birkenfeld habe ich – ganz bewusst – keine Zeitung und keinen Fernseher. Und die Telefonnummer wissen meine Familie und der Verlag, sonst niemand. Wenn ich schreibe, brauche ich absolute Konzentration. Das geht nur, wenn ich mich zurückziehe.

Wie viel Bamberg muss eine Paul-Maar-Geschichte denn haben?
Na ja, es war so, dass ich mir immer heimlich Bamberg als Umgebung von Herrn Taschenbier und vom Sams vorgestellt habe. Aber dass es sich um Bamberg handelt, wird nie ausgesprochen.

Die Sams-Stadtführungen sind der Renner unter Kindern.
Ich muss allerdings betonen, dass die Sams-Führung ohne mein Zutun entstanden ist. Und ich selbst habe noch nie eine mitgemacht.

Sie haben auch Erzählungen und Romane für Erwachsene geschrieben.
Ich denke, wenn man das Talent hat, Kinder zu erreichen, dann sollte man nicht so ehrgeizig sein zu denken, unbedingt Bücher für Erwachsene schreiben zu müssen, weil man da mehr Anerkennung bekommt. Ich habe die Anerkennung bei den Lesungen durch die Reaktion der Kinder und durch die vielen, vielen Briefe, die mich erreichen. Das ist mir mehr wert als ein Literaturpreis.

In Ihrem Werk nimmt die Musik immer breiteren Raum ein.
Ich bin seit Jahren mit verschiedenen Musikgruppen unterwegs, mit der „Capella Antiqua Bambergensis“, mit vier türkischen Musikern zum Buch „Das fliegende Kamel“ und mit dem Schiefe-Märchen-Trio zum Buch „Schiefe Märchen und schräge Geschichten“.

Ist Musik ein neuer Aspekt Ihrer Arbeit?
Nein, die ist schon immer da. Ich bin ja ein Jazz-Freund. Für das Label ECM habe ich lange gearbeitet. Ich habe die Musiker fotografiert und auch zwei, drei Umschläge für Platten gemacht. Insofern hat mich Musik schon immer interessiert.

Musik stört Sie nicht beim Schreiben?
Nein, diese Musik geht. Wenn ich dasitze und es fängt noch nicht an, so richtig in mir zu arbeiten, dann höre ich immer dasselbe: „Die Unvollendete“ von Schubert. Und wenn dann die Bässe anfangen – Da dam dadada – dann fängt es auch in mir an zu arbeiten. Dann muss ich schnell schreiben, damit ich nachkomme.

Der Anzug, den Sie bei allen Veranstaltungen tragen, stammt aus Brasilien und wird nächstes Jahr dreißig Jahre alt…
Das habe mal in einem Nebensatz erwähnt. Seither kommt in fast jedem Interview die erstaunte Frage, ob es stimmt. Ich habe natürlich viele andere Anzüge. Aber der ist so etwas wie ein Talisman.

Er bringt Ihnen Glück?
Wenn ich diesen dunklen Anzug anhatte und dazu ein schwarzes Hemd, dann hat die Lesung jedes Mal geklappt. Vielleicht sind Autoren ja ein bisschen abergläubisch. Außerdem freut es mich natürlich, dass ich einen Anzug vor dreißig Jahren gekauft habe – und er passt immer noch.

Das Gespräch führte Andrea Herdegen.

Andrea Herdegen

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