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Kultur: Schamanin vom Fjord

Rebekka Bakken im Berliner RBB-Sendesaal

Von Gregor Dotzauer

Jazz, sagt sie gerne, was ist schon Jazz. So, wie Rebekka Bakken über allen musikalischen Wassern schwebt, gehört sie eher zu der seltenen Spezies europäischer Zauberelfen, die, wenn es darauf ankäme, Pophäschen, dicke Bluesmamas und Weltmusikschamaninnen im Dutzend von der Bühne pusten würde. Wie viel hat auch jemand mit Jazz zu tun, der die krächzende Aufrichtigkeit des Folkraben Bob Dylan aus ganzem Herzen verehrt, norwegische Volksweisen im Repertoire hat und als Zugabe beim Konzert im Berliner RBB-Sendesaal einen Countryschaukler wie Alison Krauss’ „Ghost in this House“ unter die Leute wirft? Improvisation? Höchstens wenn Staffan Astner, der Gitarrist ihres Quartetts, zwischen den Strophen ihrer ordentlich strukturierten Popsongs zu einem kleinen Solo ansetzt oder Bassist Lars Danielsson sich ein paar Momente lang verausgabt. Harmonische Kunststücke? Nur wenn Pianist Jesper Nordström in den romantischeren Gefilden seines Instrumentes wühlt.

Wie selbstverständlich aber steht Rebekka Bakken mit ihrem zweiten Soloalbum „Is that you?“ (Universal Austria) an der Spitze der deutschen Jazzcharts und wird als europäische Antwort auf Norah Jones gehypt. Die, auf der Bühne ein Schluck Wasser, hat mit Jazz ja auch nur so viel zu tun, als dass eine Vergangenheit in einschlägigen Bands hinter ihr liegt. Die 35-jährige Norwegerin Bakken hält den Vergleich nicht nur locker aus, in punkto Präsenz und Stimmkraft ist sie ihr in vielem sogar überlegen.

Ob sie kratzbürstig gegen Hausdrachen loslegt, die gute Männer in Beschlag genommen haben („Where have all the good guys gone/Picked by dragons everyone“), mit erhobenem Arm kristalline Klangsäulen über Klangflächen errichtet oder mit übereinander geschlagenen Beinen auf dem Barhocker die Late-Night-Diva am Flügel gibt. Und dass sie dies im muffigen RBB-Sendesaal in der Masurenallee schafft, wo für jeden Musiker die Stunde der Wahrheit schlägt, ist ein doppelter Sieg.

Es ist eine Binsenweisheit, dass auch die menschliche Stimme ein Instrument ist. Für Sängerinnen wie Rebekka Bakken ist sie nur nicht mehr da, um andere Instrumente nachzumachen. Ihr den ganzen liedhaften menschlichen Atem zu lassen, ist vielleicht das größte Geheimnis von Rebekka Bakken.

RBB Kulturradio sendet das Konzert in der Reihe „Late Night Jazz“ in zwei Teilen am 25.6. und 2.7., jeweils um 23.04 Uhr.

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