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Kultur: Schlagabtausch

Patrick Bahners stellt sein Buch „Die Panikmacher“ vor

Auch Patrick Bahners, „FAZ“-Feuilletonchef, hat ein Anti-Sarrazin-Buch geschrieben. Darin setzt er sich mit Islamkritikern wie Necla Kelek oder Henryk M. Broder kritisch auseinander, mit deren Willen zur Aufregung, nicht zur Aufklärung, mit den Debatten um Christian Wulffs Äußerung „Der Islam gehört zu Deutschland“, dem Streit um das Kopftuchverbot oder „Muslim-Tests“ in Baden-Württemberg. Im Streitgespräch mit dem Historiker Hans-Ulrich Wehler stellte er „Die Panikmacher“ (C. H. Beck, 320 S., 19,95 €) am Mittwochabend in Berlin vor.

Kaum ist das Buch auf dem Markt, ruft es die Sarrazin-Befürworter auf den Plan: „Kamikaze-Unternehmen eines Intellektuellen“, nennt es Henryk M. Broder, es habe ihr „sehr wehgetan“, so Necla Kelek. Auch im Magnus-Haus unweit des Wohnsitzes von Kanzlerin Merkel werden nun die bekannten Argumente ausgetauscht. Bahners legt dar, wie Angst geschürt wird, wie aus jeder Moschee in Deutschland ein Nest radikaler Islamiten gemacht wird, wie der Begriff „christlich-jüdische Tradition“ zum falsch reflektierten Schlagwort wird. Wehler wiederum, der sich für Sarrazin starkgemacht hatte, verweist auf die große Resonanz von dessen Buch, auf die Probleme von Stadtteilen wie Neukölln – und nennt seinerseits jene Publizisten Panikmacher, die Islamkritiker als Panikmacher bezeichnen.

Dass die politischen Umstürze im Maghreb nicht mit verstärkten Rufen nach Gottesstaaten einhergehen, will Wehler als Argument nicht gelten lassen. 9/11 habe es gegeben, der Iran, Syrien oder auch Indonesien seien fest in religiöser Hand, auch wisse man nicht, wie es in Ägypten oder Syrien weitergehe: „Das kann dort noch alles kippen.“ Sarrazins biopolitische Thesen bezeichnet Wehler zwar als Unsinn, beharrt aber darauf, dass der Autor in vielem recht habe. Man müsse nur Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky zuhören, um zu erfahren, wie schlimm die Lage ist: „Früher“, so Wehler mit Blick auf die erste „Gastarbeiter“-Generation, „ging es um die Privatisierung der Gewinne, heute um die Sozialisierung der Verluste“.

In der Diskussion bringt Migrationsforscher Klaus Bade es noch einmal wohltuend auf den Punkt. Moslem zu sein, sei immer nur Teil einer komplexeren Identität; die Integrationsbereitschaft und Zufriedenheit vieler Einwanderer hier im Land sei größer, als die Islamkritiker annehmen. Leider würden gerade qualifizierte türkische Einwanderer aus Angst wieder in die Türkei zurückkehren, die Abwanderung dorthin sei stärker als die Einwanderung. Überhaupt: Deutschland, das sich bis in die frühen 90er Jahre geweigert hat, als Einwanderungsland zu gelten, müsse sich über den Unwillen so mancher Migranten nicht wundern. Gerrit Bartels

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