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Das Generalshotel: Schönefelder Bruchlandung Denkmalpflege?

Das historische "Generalshotel" soll dem neuen Flughafen weichen.

Stalin war wohl niemals hier. Dafür kam der spätere sowjetische Außenminister Molotow bereits 1951 in der „Sonderabfertigung für Generale und Persönlichkeiten der Politik und Wirtschaft“ auf dem Flughafen Schönefeld an. Seinen Spitznamen als „Generalshotel“ erhielt das repräsentative Empfangs- und Abfertigungsgebäude allerdings wegen seiner militärischen Gäste, die dort auch übernachten konnten. Jetzt droht dem Baudenkmal, das inzwischen von der Bundespolizei genutzt wird, der Abriss. Es steht dem Ausbau des neuen Regierungsflughafens in Schönefeld im Weg, mit dem nächstes Jahr begonnen werden soll. Eine Bürgerbewegung gegen die Denkmalzerstörung, wie es sie zurzeit an vielen Orten in Deutschland gibt, ist allerdings kaum zu erwarten: Wegen seiner isolierten Lage im Sicherheitsbereich des Flughafens hat das Gebäude heute nur wenig Besucher.

Zu den Prominenten, die bei ihrem Ost-Berlin-Besuch in dem „Haus für spezielle Passagiere“ abgefertigt wurden, gehörten unter anderem Juri Gagarin, der erste Mann im All, Leonid Breschnew und Fidel Castro, aber auch Künstler wie Miriam Makeba oder Claudia Cardinale. Wer heute vom Flughafen Schönefeld abfliegt, der sieht das Generalshotel auf dem Vorfeld stehen: Dicht eingewuchert von einer Gartenanlage, will es nicht so richtig ins Bild eines modernen Flughafens passen.

Ein Kuriosum mit Geschichtswert. Zwischen 1947 und 1950 auf Befehl der Sowjets errichtet, gehört das Gebäude zu den wenigen erhaltenen Zeugnissen aus der Frühzeit der DDR-Architektur, die „die politische Stärke und das Selbstbewusstsein der sowjetischen Siegermacht zum Ausdruck bringen“, wie es in der Denkmalbegründung des Brandenburger Denkmalamts heißt. Nach dem Krieg benötigten die Sowjets für die Anbindung Ost-Berlins an Moskau dringend einen Flughafen. Sie entschieden sich für Schönefeld, nicht zuletzt weil sie hier auf die Start- und Landebahn der ehemaligen HenschelFlugzeugwerke aus der Zeit des Nationalsozialismus zurückgreifen konnten.

Architekt des Generalhotels war Georg Hell, der seinen Entwurf in monatelanger Abstimmung mit der russischen Bauaufsicht erarbeitete. Das Ergebnis war ein hochwertig ausgestattetes Gebäude, das seine Gäste mit einer repräsentativen Vorfahrt aus rotem Sandstein empfing. Auch im Inneren zeigt es sich nobel. So schließt sich dem Eingang eine doppelgeschossige Halle mit glänzender Marmorverkleidung an – eine Kriegsbeute, die aus dem Eingangsbereich der Maschinenbaufirma Hasse & Wrede in Marzahn stammt.

Während eine alte Gepäckwaage gleich neben dem Eingang an die ursprüngliche Nutzung des Hauses erinnert, sind auch die heute als Büros genutzten Gästezimmer hochwertig ausgestattet, sie verfügen über Wandpaneele und furnierte Einbauschränke, hinter denen sich Waschbecken verbergen. Vom geschwungenen Türgriff über die ehemalige Telefonzelle mit Bullaugenfenstern bis zum Sowjetstern auf der Heizungsverkleidung aus Messing erweist sich das Generalshotel als herausragendes architektonisches Zeitdokument, das die Jahrzehnte in bemerkenswert gutem Zustand überdauert hat. Doch nach 60 Jahren droht dieser historischen Keimzelle des Flughafens Schönefeld nun ein jähes Ende.

Derzeit läuft beim Brandenburgischen Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft ein Planänderungsverfahren; weder das Land noch das Bundesbauministerium wollen sich offiziell zur Zukunft des Denkmals äußern. Doch nach den aktuellen Planungen ist klar, dass es verschwinden wird. Mit seinem Abriss würde ein vorzüglich erhaltenes Stück der Flughafengeschichte von Berlin-Brandenburg sowie der deutschen Nachkriegsgeschichte entsorgt. Und zwar ohne Not.

Jürgen Tietz

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