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Kultur: Schönheit ohne Schatten

Sind es die Altmeister unter den spezifischen Bruckner-Dirigenten, die noch ein ursprüngliches Verhältnis zum Riesenwerk des österreichischen Sinfonikers haben, die dessen weite Klangarchitekturen besser in den Griff bekommen als die jüngeren Dirigenten? Eindeutig haben auch jüngere Dirigenten mit ihrem Bruckner etwas zu sagen.

Sind es die Altmeister unter den spezifischen Bruckner-Dirigenten, die noch ein ursprüngliches Verhältnis zum Riesenwerk des österreichischen Sinfonikers haben, die dessen weite Klangarchitekturen besser in den Griff bekommen als die jüngeren Dirigenten? Eindeutig haben auch jüngere Dirigenten mit ihrem Bruckner etwas zu sagen. Dennoch läßt es sich nicht bestreiten, daß die großartigen Bruckner-Erlebnisse derzeit von den über achtzigjährigen Dirigenten wie Kurt Sanderling und Günter Wand oder einem über siebzigjährigen Dirigenten wie Herbert Blomstedt gegeben werden.

Blomstedt lieferte im Benefizkonzert des Bundespräsidenten mit dem Leipziger Gewandhausorchester eine außerordentlich profilierte Darbietung von Bruckners Vierter in der Philharmonie. Zu tun hat dieser Erfolg bei Blomstedt nicht mit Gigantismus, mit altmodischer Emphatik, aufgepeitschter Dynamik und Temponahme, sondern mit einer äußerst flexiblen, hellhörigen und nicht zuletzt sehr stilvollen Musizierhaltung. Das mit so manchem Interpretationsballast befrachtete Bild der vielgespielten "Romantischen" wurde dadurch wieder transparent gemacht. Der Gewandhaus-Chefdirigent ließ im ersten Satz den Quintruf des exzellenten Solohornisten mit viel Empfindsamkeit und Noblesse zutage treten und alles andere daraus hervorwachsen. Der langsame Satz wurde vom Gewandhausorchester mit abgeklärter Schönheit und kantabler Strahlkraft musiziert. Im Scherzo kam die brodelnde Impulsivität ungebrochen herüber. Und das Finale wurde mit dramatischem Furor herausgeschleudert. Da fiel immer wieder eine angenehm herbe Anlage der Themenkomplexe auf, wobei die herausragenden Blechbläser mit betont heller, erfrischender Klangschärfe, der Solopauker mit bestechender Prägnanz hervortraten. Daß trotz einiger Spannungsabfälle und einiger nicht ganz schallplattenreifer Details die ganze musikalische Fülle dieser Es-Dur-Sinfonie zum Tragen kam, berührte besonders nachhaltig in dem Benefizkonzert zugunsten des UNICEF-Projekts Deutschland "Ukraine - eine Zukunft für Heimkinder".

Auf glückhafte Weise teilte sich auch das Mozart-Violinkonzert Nr. 3 G-Dur mit, das Nikolaj Znaider, ein 24jähriger Violinvirtuose von riesiger Statur und riesigem Können, mit brillant pointierter Heiterkeit spielte. Auch wenn einiges zu schattenlos schön wirkte, die rhetorische Intensität mitunter etwas flach wirkte - die technische Leichtigkeit, der Glanz seines Geigenspiels versprechen viel.

ECKART SCHWINGER

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