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SCHREIB Waren: Der Zukünftigen zugewandt

Heute vor 21 Jahren fiel in Berlin die Mauer – verursacht durch einen gewissen Klaus Uhltzscht, der seit seiner Kindheit in steter Sorge um sein angeblich zu klein geratenes Glied lebte. Einem plötzlichen Einfall folgend entblößte er am 9.

Heute vor 21 Jahren fiel in Berlin die Mauer – verursacht durch einen gewissen Klaus Uhltzscht, der seit seiner Kindheit in steter Sorge um sein angeblich zu klein geratenes Glied lebte. Einem plötzlichen Einfall folgend entblößte er am 9. November 1989 das durch eine Operation ungewollt vergrößerte Stück und nutzte den Augenblick ungläubigen Staunens bei den Grenzern, um die Tore zu öffnen. So jedenfalls wollte es sechs Jahre später Thomas Brussig in seinem Schelmenroman „Helden wie wir“, dem mit dieser literarischen Alternative zur politischen Realgeschichte ein Bestseller gelang.

Ansonsten aber sahen sich Literatur und Dramatik der DDR nach dem Fall der Mauer und dem Beitritt zur Bundesrepublik mit einem nachhaltigen Reputationsverlust konfrontiert. Das jedenfalls ist die Ausgangshypothese des internationalen Symposiums Nach der Mauer der Abgrund? – Rückblicke auf die Literaturlandschaft der DDR, das nicht zufällig dieser Tage stattfindet. Noch bis Donnerstag untersuchen und diskutieren Literatur-, Kultur-, Geschichts- und Politikwissenschaftler im Literaturforum im Brecht-Haus (Chausseestraße 125) jene Veränderungen, die nach 1989 die Literaturlandschaft der DDR und ihre Rezeption erfuhren (das Programm finden Sie unter www.lfbrecht.de).

Begleitend zur Konferenz finden zwei Abendveranstaltungen statt, jeweils um 20 Uhr. Heute Abend spricht der Schriftsteller, Sänger und DJ Thomas Meinecke mit Peter Wicke, Professor für populäre Musik, anhand ausgewählter Tracks über vier Jahrzehnte musikalische Pop- und Undergroundkultur der DDR. Am Mittwoch machen die Schriftsteller und Lesebühnenroutiniers Jakob Hein und Jochen Schmidt ihre persönliche Beziehung zur Literatur der DDR öffentlich und tragen Stilblüten und Entdeckungen aus dem Fundus der deutsch-demokratischen Literatur vor.

Wer’s lieber der Zukunft zugewandt mag, dem sei am Wochenende der 18. Open Mike in der Wabe (Danziger Straße 101) empfohlen. Wenn dort am Samstag (ab 14 Uhr) und Sonntag (ab 12 Uhr) 20 junge Autorinnen und Autoren, ausgewählt unter knapp 700 Einsendungen, einen 15-minütigen Text vorlesen und damit um diverse Preise konkurrieren, geht es auch um die Literatur von morgen. Vor allem aber geht es um das Event von heute, denn der Open Mike hat alles, was eine Castingshow braucht: Talente, Jury und Publikum, Agenten und Fans, Gewinner und Verlierer. Und er produziert Neid, Missgunst und Streit, und das alles ohne Dieter Bohlen.

Thomas Wegmann

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