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SCHREIB Waren: Der tröstende Löwe

Richtig krachen ließ es Kirstin Fuchs vor einigen Jahren, als sie in „Die Titanic und Herr Berg“ eine Sozialhilfeempfängerin und deren Sachbearbeiter sexuell kollidieren ließ. Zimperlichkeiten haben auch in den neuen Kurzgeschichten „Eine Frau spürt so was nicht“ keinen Platz: Zwischen Pärchenpest und Nestzwang, König Kind und Cocktailbar geht’s im flotten Parcours durch die Höhen und Tiefen weiblicher Existenz.

Richtig krachen ließ es Kirstin Fuchs vor einigen Jahren, als sie in „Die Titanic und Herr Berg“ eine Sozialhilfeempfängerin und deren Sachbearbeiter sexuell kollidieren ließ. Zimperlichkeiten haben auch in den neuen Kurzgeschichten „Eine Frau spürt so was nicht“ keinen Platz: Zwischen Pärchenpest und Nestzwang, König Kind und Cocktailbar geht’s im flotten Parcours durch die Höhen und Tiefen weiblicher Existenz. An diesem Dienstag liest die Autorin um 20 Uhr im Heimathafen Neukölln (Karl-Marx-Straße 141).

Eine andere existenzielle Erfahrung macht der Philosoph Hans Blumenberg, als er sich mit einem Löwen konfrontiert sieht, den nur er wahrnehmen kann. Sibylle Lewitscharoff installiert in ihrem Roman „Blumenberg“ ein rätselhaftes Zentrum, um das einige Blumenberg- Schüler als todgeweihte Trabanten kreisen. Dabei handelt es sich nicht um das Nacherzählen biografischer Fakten als vielmehr um eine kunstvolle Übersetzung der von Blumenberg entworfenen Metaphorologie: „Absolute Metaphern“ könnten nie „auf den Begriff“ gebracht werden, denn sie „repräsentieren das nie übersehbare Ganze der Realität“. So bedeutet dieser Löwe die literaturgewordene Antwort auf die von Blumenberg festgestellte Trostbedürftigkeit des Menschen: eine Trostgestalt, die den Philosophen fürderhin auf Erden und darüber hinaus begleiten wird. Lewitscharoff stellt ihren Roman am Mittwoch um 20 Uhr in der Buchhandlung Ferlemann und Schatzer (Güntzelstr. 45) vor.

Trostlos mutet hingegen die darwinistische Weltsicht der Biologielehrerin Inge Lohmark an, die die Restschüler einer vorpommerschen Kleinstadt traktiert. In dieser gar nicht blühenden Bildungslandschaft werden die Gesetze des Überlebens sprachlich durchexerziert, während sich das Begehren ganz andere Wege sucht. Auch „Der Hals der Giraffe“ von Judith Schalansky inszeniert wissenschaftliche Prämissen: Wie sieht die Innenwelt eines Menschen aus, der die eigene Existenz einzig als Anpassungsleistungen an die Umwelt versteht? Die Lesung der Autorin am Donnerstag um 20 Uhr in der Buchhandlung Zauberberg (Bundesallee 133) wird durch den Blick ins Buch komplettiert – die gelernte Buchgestalterin Schalansky hat es mit Zeichnungen versehen. Die Vielfalt der Arten erscheint als visuelle Trostfigur gegenüber dem Dogma, das Leben basiere auf Auslese durch survival of the fittest.

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