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SCHREIB Waren: Wo der Mond wohnt

Halt! Bevor Sie weiterlesen: Schließen Sie bitte kurz die Augen und denken Sie an den Mond.

Halt! Bevor Sie weiterlesen: Schließen Sie bitte kurz die Augen und denken Sie an den Mond. Was sehen Sie vor Ihrem geistigen Auge? Astrologen, die die Mondknoten für Horoskope bestimmen? Astronauten, die große Schritte für die Menschheit machen? Somnambule, die auf Dächern balancieren? Den Mann im Mond, den die Chinesen als Hasen sehen? Ratgeber, die Haare nach den Mondphasen zu schneiden?

Seit jeher wird über den Mond spekuliert, werden ihm besondere Einflüsse und Kräfte zugeschrieben. Sicher ist, dass das Leben auf der Erde ohne unseren Trabanten anders aussähe – sowohl konkret wie auch imaginär. Der Mond stabilisiert nicht nur die Erdachse und ermöglicht damit erst bestimmte Lebensformen, er bietet uns dazu noch einen wahrlich kosmischen Assoziationsraum an. „Moon is The Oldest Television“, behauptet deshalb zu Recht der Videokünstler Nam June Paik in seiner gleichnamigen Installation. Die vielfältigen Dimensionen, die der Mond für die Erdbewohner verkörpert, hat Bernd Brunner in seinem neuen kultur- und wissenschaftshistorischen Buch „Mond. Die Geschichte einer Faszination“ beschrieben, der Autor liest am Dienstag um 20.30 Uhr im Buchhändlerkeller (Carmerstr. 1).

Der geniale Heinz Erhardt schüttelte übrigens diesen Reim aus dem Ärmel: „Ich kann nichts dafür, dass der Mond schon scheint, / und dass nicht der Mond seinen Mondschein schont, / und dass Frau Adele im Wohnheim weint, / weil sie nicht wie früher in Weinheim wohnt.“ Erheiterung und Entspannung fürs vorweihnachtlich gestresste Gemüt bietet am Mittwoch Andreas Mannkopff, der, von Christian Guenter am Piano begleitet, in der Kleinen Weltlaterne (Nestorstr. 22) um 21 Uhr aus dem Werk des unvergesslichen Komikers liest.

Welches Verhältnis zum Mond der Dadaist Walter Serner pflegte, ist uns leider nicht bekannt. In poetischen Belangen vertrat er jedenfalls entschiedene Ansichten: „Dichtung ist und bleibt ein, wenn auch höherer, Schwindel. Ich lege Wert darauf, das zum ersten Mal ausgesprochen zu haben.“ Serner, dessen „Letzte Lockerung“ als „Handbrevier für Hochstapler“ auf jeden gut sortierten Nachttisch gehört, war der vielleicht radikalste unter den Dadaisten der 1910er und 20er Jahre. Ein Skandalautor und gewitzter Selbstvermarkter, der sich als Snob und Zyniker gab und doch ein großer Moralist war. Seine Spur verliert sich 1942 mit dem Abtransport des Autors in das KZ Theresienstadt. Mitte der siebziger Jahre rief der damalige Sender Freies Berlin den Walter-Serner-Preis ins Leben, seit 1998 wird er vom RBB und dem Literaturhaus ausgeschrieben. Das diesjährige Motto lautet: „Vom Leben in den großen Städten“. Aus den 999 (!) Einsendungen wählte die Jury die Kurzgeschichte „Der goldene Ford“ von Ralf Thies aus. Die Preisverleihung findet am Dienstag um 20 Uhr im Literaturhaus (Fasanenstr. 23) statt, die Laudatio hält Barbara Bongartz.

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