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Kultur: Schwarzer Klaus

Ein

von Frederik Hanssen

Er heißt Santa, trägt eine rote Zipfelmütze und hat die amerikanische Staatsbürgerschaft. Der Weihnachtsmann ist ein Kulturimperialist. Frei erfunden im 19. Jahrhundert, gilt der bärtige Mann vor allem dank der massiven Werbekampagnen des Coca-Cola- Konzerns längst auch im alten Europa den Massen als legitimer adventlicher Alleinvertreter. Von St. Nikolaus redet keiner mehr, dem Bischof von Myra, dem heutigen Demre in der Türkei, der im vierten Jahrhundert mit seinem wohltätigen Handeln gezeigt hat, was Schenken sein kann: Teilen mit denen, die es nötig haben.

„Santa“ dagegen steht für die Macht des Kapitalismus, für ungebremsten Kommerz. Er ist der Schutzpatron der Shopping-Malls und Supermärkte. 162 Millionen stanniolverpackte Weihnachtsmänner gehen hierzulande jährlich über die Ladentische. Schoko-Nikoläuse mit Brustkreuz und Bischofsstab dagegen will niemand kaufen.

Doch jetzt regt sich Widerstand: „Ein hässlicher alter Sack“ sei der Weihnachtsmann im Vergleich mit dem edlen Heiligen, findet der Pressesprecher des Bischöflichen Ordinariats und plädiert für eine Renaissance der Nikolaus-Verehrung. Den „Riesenzwerg“ hat auch Otto Dufter auf dem Kieker, der Vorsitzende des Bayerischen Trachtenverbands. Schützenhilfe kommt außerdem aus dem protestantischen Holland: Im Nordseebad Noordwijk wollen Bürger verhindern, dass dem „vom Kommerz erfundenen Dickerchen“ ein offizieller Empfang bereitet wird. Geschenke werden nur noch von „Sinterklaas“ angenommen.

Im eher atheistischen Berlin beobachtet man den Kulturkampf mit Befremden. Hier werden andere Heilsbringer verehrt. Die hauptstädtische Kulturszene hat ihre blank geputzten Stiefel rausgestellt. Ob Nikoklaus Wowereit wohl diesmal was zu verteilen hat?

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