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Kultur: Schwerer Mut

Eine Berliner Ausstellung zeigt Porträts von Nolde

Ozeanisch weit und blau leuchten seine Augen aus dem Gemälde heraus. Mit großzügig-breitem Pinselduktus malte der 50-jährige Emil Nolde sein Selbstbildnis von 1917. Die Nolde-Stiftung Seebüll stellt es in ihrer Berliner Dependance dem programmatischen Selbstporträt „Der Maler“ von 1899 gegenüber. Stilistisch an Rembrandt orientiert, wird das Gemälde erstmals überhaupt ausgestellt. „Das Selbstmalen war nie eine Freude“, bekannte Nolde (1867–1956), der große Kolorist des deutschen Expressionismus. Entsprechend dominieren bei fast 60 Bildern in der überaus sehenswerten Herbstausstellung die Kinderporträts, die Paar- und die Gruppenbildnisse: „Die Menschen sind meine Bilder“.

Aus dem Untertitel „Bildnisse und Phantasien“ klingt die Abkehr vom üblicherweise objektiven Charakter des Porträtgenres heraus. Die Schau schlägt einen großen Bogen bis zum Alterswerk, verzichtet aber auf Chronologie. Mitten im Rundgang ein zwischen Resignation und Zuversicht schwankendes Paar, „In schweren Stunden“ (1945), das Emil und Ada Noldes Rückzug in die innere Emigration im schleswig-holsteinischen Seebüll während der Nazizeit vergegenwärtigt, als Nolde mit Malverbot belegt war. Als überpersönliche Darstellung ist das Bild ein Bindeglied zwischen charakterisierenden Porträts und mythischen Menschenbildern, die im letzten Raum präsentiert werden. Jens Hinrichsen

Nolde-Stiftung, Jägerstr. 55, bis 18. Januar, Mo–So 10–19 Uhr.

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