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Kultur: Seelenkämpfe

Fritz Stern erhält den Nationalpreis in Berlin

Von Elisabeth Binder

Am Ende der Zeremonie zur Verleihung des Nationalpreises an den amerikanischen Historiker Fritz Stern gab es einen überraschend emotionalen Moment. „ Bewahren Sie meinem Land Geduld und Sympathie“, beschwor der Preisträger die hoch honorige Festgemeinde in der Französischen Friedrichstadtkirche. Es mache es seinen Freunden vielleicht nicht leicht angesichts des sich ausbreitenden Fundamentalismus, der im Kontrast stehe zu den großen Traditionen des Landes. „Viele von uns sind sich der Gefahren und der Verantwortung bewusst. Um die Seele des Landes wird gekämpft.“ Damit führte er praktisch selber vor, was er in seiner Ansprache im Hinblick auf die deutsche Geschichte immer wieder hervorgehoben hatte: die völlige Unentbehrlichkeit von Vorbildern der Zivilcourage.

Dass die Freude über die deutsche Wiedervereinigung so rasch verblasst sei, bedauerte er: „Wir sind ungeübt in kollektiver Dankbarkeit.“ Nationale Gefühle, sagte er weiter, speisten sich aus „Anerkennung und Ehrfurcht vor dem, was einst geschaffen wurde“. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse erinnerte in seiner Laudatio an die Rede, die Stern vor genau 18 Jahren im Bundestag gehalten hatte, und in der er dem 17. Juni einen Platz innerhalb der deutschen Freiheitsgeschichte zuwies. Fritz Stern stammt wie Thierse aus Breslau. Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde er 1938 im Alter von 12 Jahren vertrieben, ging nach New York und widmete sein Lebenswerk der Erforschung der deutschen Geschichte im europäischen Kontext. „Einen Hoffnungsträger der Möglichkeiten politischer Vernunft“, nannte Thierse ihn und „einen Botschafter der Versöhnung zwischen den Völkern“. Der mit 25000 Euro dotierte Förderpreis, der zum Nationalpreis gehört, soll jungen deutschen und polnischen Geschichtsstudenten der Frankfurter Viadrina und der Universität Wroclaw zugute kommen, damit sie gemeinsam in die Archive schauen können.

Viele große transatlantische Brückenbauer waren zum Berliner Gendarmenmarkt gekommen, um Stern persönlich zu gratulieren, darunter der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, der ehemalige US-Botschafter Richard Holbrooke und der frühere amerikanische Wirtschaftsminister Michael W. Blumenthal.

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