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Kultur: Sehr riskant - und unterhaltsam - Ein Streitgespräch über den neuen Kunstpreis in Berlin

Eine Diskussion suggeriert, es gäbe noch etwas zu beschliessen. Aber über das Prozedere für den "Preis der Nationalgalerie für junge Kunst" war längst entschieden, als sich die Freunde der Nationalgalerie am Dienstag im Atrium der Deutschen Bank zur Podiumsdiskussion trafen.

Eine Diskussion suggeriert, es gäbe noch etwas zu beschliessen. Aber über das Prozedere für den "Preis der Nationalgalerie für junge Kunst" war längst entschieden, als sich die Freunde der Nationalgalerie am Dienstag im Atrium der Deutschen Bank zur Podiumsdiskussion trafen. Da sich an der mit 100 000 Mark hochdotierten Einzelehrung die Geister scheiden - der Tagesspiegel veröffentlichte am Dienstag eine Kritik des Sammlers Paul Maenz - und zu den erklärten Zielen der Initiative für den Preis die Diskussion über zeitgenössische Kunst gehört, wurde das Für und Wider trotzdem noch einmal zusammengetragen.

Erfolgreicher Lückenschließer

Im Plenum saßen der Sammler und Preisinitiator Rolf Hoffmann, der Vereinsvorsitzende Peter Raue, Peter-Klaus Schuster, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin und drei, die sich im Vorfeld kritisch geäußert hatten: Paul Maenz, Volker Diehl, Geschäftsführer der Berliner Kunstmesse art forum berlin, und Vereinsmitglied Jürgen Holstein. Zum Anfang wurde kurz umrissen wie es zu dem Preis kam: Der Verein der Freunde der Nationalgalerie hat in den letzten zwanzig Jahren mit Werkankäufen von Barnett Newman, Lovis Corinth oder Emil Nolde erfolgreich Lücken in der Sammlung der Nationalgalerie geschlossen. Außerdem wurden Ausstellungen und Veranstaltungen in der Neuen Nationalgalerie und im Hamburger Bahnhof ermöglicht, allein 34 Ausstellungen im letzten Jahr.

Die Auslobung des Kunstpreises für ganz junge Kunst, für den ein Viertel des Gesamtetats zur Verfügung steht, soll in die Zukunft weisen. Paul Maenz wertete den Grundgedanken des Preises als konservativ und der Eventkultur eines West-Berlin der 80er Jahre verhaftet. Dem "virulenten Werkstattcharakter" der jungen Berliner Kunstszene würde diese Ehrung eines Einzelnen nicht entsprechen, die Gräben zwischen Institutionen und zeitgenössischer Wirklichkeit blieben bestehen. Rolf Hoffmann verwies auf das "Paket", das den Preis ausmache. Neben der Prämierung gehöre die öffentlichen Diskussion um Vorschläge und Preisanwärter dazu, die drei Monate dauernde Ausstellung mit begleitender Publikation und eventuell der Erwerb von Werken, womit die zeitgenössische Kunst über mehrere Monate in den Fokus rücke.

Volker Diehl kritisierte die Nähe zum ähnlich konzipierten Turnerpreis und wünschte sich einen Preis, der auf Berlin zugeschnitten ist. Er wies außerdem auf ein Problem hin, vor dem die Jury bei der Nominierung von vier Künstlern stehen wird. Sind die Künstler zu jung und noch unbekannt, ist der Druck eines solchen öffentlich ausgetragenen Wettbewerbes enorm und die Preissumme irrational hoch. Wird einer der international operierenden Berliner Jungstars nominiert, mag es Terminprobleme geben, denn ein echter Global Player kann im Mai /Juni für eine Einzelausstellung im September nicht mehr umplanen.

Der Preis ist nur ein Etappenziel

Peter-Klaus Schuster sieht in dem Preis eine "unterhaltsame Unternehmung", die nicht schon im Vorfeld mit Bedenken überhäuft werden solle. Der Verleger Jürgen Holstein wies auf das hohe Risiko hin, das in der Investition in ganz junge Kunst liege, schließlich hat sich so mancher im Nachhinein als mittelmäßig herausgestellt. Rolf Hoffmann entgegnete, dass es für den Verein der Freunde der Nationalgalerie wirtschaftlich kaum möglich sei, auf dem Kunstmarkt gesicherte Werte zu erstehen und dieser Preis eine Investition in die Zukunft darstelle.

Bei der Entwicklung eines künstlerischen Profils, das dem Hamburger Bahnhof als "Museum für Gegenwart" in dieser Stadt, immer noch fehlt, kann der Preis nur eine Etappe sein. Über den fehlenden angemessenen Ausstellungs- und Ankaufsetat für engagierte Kuratoren hilft er nicht hinweg.

Katrin Wittneven

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