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Kultur: Sei ein Frosch

Roger Willemsen erklärt die Weltmusik.

Wie klingt die Wüste? So zart und leicht wie ein Windhauch am Ende eines heißen Tages. Zwei mit den Händen geschlagene Trommeln liefern die perkussive Basis, ihr zur Seite gesellen sich Gesang und E-Gitarren. Es ist eine Musik, die einer völlig anderen Logik folgt, ohne Thema, Motiv, Entwicklung, Kontrapunkt auskommt und an ihre Stelle den Fluss, den Sog, den unendlichen Rhythmus setzt, der hinein- und hinabzieht, meditativ, kreisend, hypnotisch.

Tamikrest heißt die fünfköpfige Band aus Mali, die am Montag im Kammermusiksaal die Konzertreihe „Unterwegs“ der Berliner Philharmoniker eröffnet. Mit dem neuen Format erweitert das Orchester seine „Alla turca“-Reihe in Richtung Weltmusik. Die Bandmitglieder gehören dem Nomandenstamm der Tuareg an, der gegen Gaddafi gekämpft hat, wie Moderator Roger Willemsen in seinem endlosen Redefluss erwähnt. Willemsen hat fast nur Interessantes zu sagen – dennoch sollte er sich stärker zurücknehmen. Denn er redet die Musik, die er vorstellen will, an die Wand.

Lasst lieber Töne sprechen: Auch Huun-Huur-Tu entstammen einem Nomadenvolk der mongolischen Steppe. Spektakulär ihr Kehlkopfgesang: Knorrig, knorzig, gurgelnd, als sänge ein Frosch. Fürchterlich anstrengend sieht das aus, aber es klingt fantastisch. Und es ist mehr als nur Tradition, Huun-Huur-Tu sind mit Ry Cooder und Frank Zappa aufgetreten.

Der Abend will sehr viel – auch Christian Brückner ist noch mit dabei, Poesie rezitierend. Das sorgt für gewissen Längen. Problematisch ist zudem, dass diese Musik im Konzertsaal, außerhalb ihres Milieus, wie unters Mikroskop gelegt wirkt. Dennoch: Am Ende ist der Zuhörer selbst zum Nomaden geworden, hat sich auf Wanderschaft begeben, und das, ohne den Sitz verlassen zu haben. Udo Badelt

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