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Kultur: Selbst sind die Schauspieler

Von Tanja Buntrock So kann man auch versuchen, als Schauspieler an Rollenangebote zu kommen: Man fragt den Freund eines Freundes, der während der Filmfestspiele als Chauffeur beim Limousinen-Service arbeitet, ob er für eine fixe Idee zu haben ist. Wenn ja, und die Stars alle vorm roten Teppich abgeliefert sind, steigt man selbst in die fette, schwarze Stretch-Limo, lässt sich cool dreinschauend vorfahren und flaniert, schwupps, über den Roten Teppich – ohne dass irgend jemand nach einer Einladung fragt.

Von Tanja Buntrock

So kann man auch versuchen, als Schauspieler an Rollenangebote zu kommen: Man fragt den Freund eines Freundes, der während der Filmfestspiele als Chauffeur beim Limousinen-Service arbeitet, ob er für eine fixe Idee zu haben ist. Wenn ja, und die Stars alle vorm roten Teppich abgeliefert sind, steigt man selbst in die fette, schwarze Stretch-Limo, lässt sich cool dreinschauend vorfahren und flaniert, schwupps, über den Roten Teppich – ohne dass irgend jemand nach einer Einladung fragt.

Yvette Krummheuer, 34 Jahre und Schauspielerin, kennt – wie viele ihrer Kollegen – solche Tricks. Leute, die auf diese Art erfolgreich waren, sind ihr auch nicht fremd. Doch auf Dauer ist das für ewig suchende Mimen kein Patentrezept. Aber was soll man machen, wenn sich die Agentur, die einem eigentlich schöne Rollen vermitteln soll, nicht richtig ins Zeug legt? „Einfach eine eigene Agentur gründen, zusammen mit anderen“, hat sich Krummheuer gedacht. Das war im Sommer vor zwei Jahren. Zusammen mit einer Kollegin hat sie Leute aus der Branche angesprochen, die in Frage kommen könnten. Zehn sollten es sein: Zehn Schauspieler, die gleichzeitig zehn Agenten sind und sich gegenseitig Jobs vermitteln. Der Name lag nahe: „Ten 4 you“ : Zehn für dich.

Roland Strehlke ist als letzter im Bunde hinzugekommen. „Ich habe von der Sache gehört und bin zu einem richtigen Casting eingeladen worden“, erzählt er. . „Wir haben eine Menge Leute im 20-Minuten-Rhythmus vorsprechen lassen“, sagt Krummheuer. Schließlich galt es, einige Bedingungen zu erfüllen: So sollten die Kandidaten ihren Lebensmittelpunkt in Berlin und möglichst eine abgeschlossene Schauspielausbildung haben sowie „von ihren Vorstellungen und ihrer Arbeitsweise zu uns passen“. Die Mitglieder mussten bereit sein, etwas Geld in die Mappe zu investieren. In der sind alle zehn mit Foto, Biografie und Rollenprofil enthalten. „Die Mappen haben wir an alle möglichen Caster, Produzenten usw. geschickt“, sagt Strehlke. Zudem haben wir uns „witzige Motive für Postkarten“ einfallen lassen und die ebenfalls verschickt und verteilt.

Auf einer der Karten sind die sechs Männer und vier Frauen von „Ten 4 you“ maskiert, mit Strumpfhosen über dem Gesicht, zu sehen. „Zwei Wochen später haben wir die gleiche Karte, allerdings mit demaskierten Gesichtern von uns versendet“, sagt Strehlke, „das kam gut an, denn die Leute sind neugierig auf uns geworden“. Zehn Leute in ein und derselben Agentur, die alle das Gleiche wollen, nämlich eine Rolle im Kino oder Fernsehen, kann das überhaupt gut gehen? „Wir kannibalisieren uns nicht gegenseitig, weil wir alle unterschiedliche Typen besetzen. Mittlerweile haben die Schauspieler von „Ten 4 you“ ihre Mitstreiter schon in Serien wie „Wolffs Revier“, „Balko“ oder in den Kinofilm „Berlin is in Germany“ vermittelt. Besonders während der Berlinale waren die Zehn auf allen möglichen Partys im Einsatz: Karten und Mapppen verteilen und versuchen, mit wichtigen Menschen aus der Filmbranche in Kontakt zu kommen. Yvette Krummheuer und ihrer Freundin hingen bei einer dieser Partys „zwei nach Hollywood aussehende Typen“ in langen Ledermänteln an den Lippen. Bis sich herausstellte, dass die beiden Rohrverleger waren und sich ihr schickes Outfit beim Kostümverleih besorgt haben. Tricksen können eben nicht nur Schauspieler.

Der Tagesspiegel

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