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Kultur: Selbstläufer

Katharina Hacker auf Platz eins der Bestsellersliste

Schaut man sich die „Spiegel“-Bestsellerliste der kommenden Woche an, gerät man leicht ins Staunen. Nicht Charlotte Link ist dort auf Platz eins gelistet, nicht Kathy Reichs, auch nicht Daniel Kehlmann oder Günter Grass. Sondern Katharina Hacker mit „Die Habenichtse“, jenem Roman, der vor knapp drei Wochen zu Beginn der Frankfurter Buchmesse überraschend den Deutschen Buchpreis gewann. 100 000 Exemplare hat Suhrkamp inzwischen abgesetzt, und die nächsten 50 000 sind schon in Druck gegangen, heißt es aus dem Verlag.

Erstaunlich ist das aus mehreren Gründen: Mit Hackers Roman ist, um es vorsichtig zu sagen, nicht gerade der beste Roman von der Shortlist des Deutschen Buchpreises zum Sieger gekürt worden. Dem Roman hätten, diesen Eindruck gewinnt man im Verlauf der Lektüre, Straffungen, die Konzentration auf die Binnenhandlung und mehr stilistische Klarheit sicher gut getan. Dazu kommt, dass er mit seiner Konzentration auf mehrere dreißig- bis vierzigjährige Protagonisten ein Generationsroman ist und nicht unbedingt als ein Geschenk für die ganze Familie taugt. Von einem Schmöker hat der Roman erst recht nichts. Und schließlich stammt „Die Habenichtse“ aus dem Frühjahrsprogramm. Das Buch erhielt seinerzeit zwar die eine oder andere wohlwollende Besprechung in den Feuilletons, verkaufte sich aber bis zum Erscheinen auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises gerade 12 000mal.

So hatte man denn auch erwartet, dass sich der Roman mit dem frischen Preisruhm im Rücken noch einmal deutlich mehr verkaufen, doch trotzdem nicht über die unteren Chartregionen hinaus- kommen würde. Ganz offensichtlich akzeptiert aber das große Publikum den erst zum zweiten Mal verliehenen Deutschen Buchpreis viel schneller als gedacht. Wie Elke Heidenreich mit ihrer Sendung „Lesen!“ erfüllt der Preis anscheinend die Sehnsucht nach einer vermeintlich verlässlichen Orientierung. Auch Arno Geigers Roman „Es geht uns gut“, der Gewinner des Vorjahres, entwickelte sich zu einem Bestseller, nur liegt in diesem Fall die Betonung auf dem Wörtchen „entwickeln“. Geigers Roman, ein Familienroman zumal, wurde langsam, aber stetig verkauft, bis heute 220 000 Mal. Katharina Hackers „Die Habenichtse“ dagegen ist auf Platz eins geradezu geschnellt. Berücksichtigt man, dass einer solchen Platzierung die Dynamik eines Selbstläufers innewohnen kann, man denke an Daniel Kehlmanns „Die Vermessung der Welt", dann könnte das Staunen über die Bestsellerentwicklung dieses Romans noch eine Weile anhalten.

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