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Kultur: Semino Rossi

Diese Woche auf Platz 1 mit: „Ich denk an dich“

Semino Rossi steht seit drei Wochen auf Platz eins der Album-Charts. Außer Zuschauern des „Musikantenstadl“ kennt diesen Künstler kaum jemand. Daraus lassen sich zwei Schlussfolgerungen ableiten: Es muss viele Leute geben, die „Musikantenstadl“ gucken, eine riesige Underground-Szene. Und: Rossis Fans zählen offenbar zu einer Altersgruppe, die einen weiten Bogen um Computer macht und das Kopieren von CDs nur vom Hörensagen kennt. Auf jeden Fall sind sie treu. Auch Rossis Alben „Alles aus Liebe“ (2004) und „Tausend Rosen für Dich“ (2005) sind in den Top 100 platziert.

Männer wie Semino Rossi gelten eigentlich als ausgestorben: Schlagersänger alter Schule, mit Mut zu extremen Krawatten, die ihre Texte vor Mitklatschpublikum mit südländischem Akzent ins Mikro hauchen. „Ic-h-h-h denk an Dic-h-h-h“. Männer wie Julio Iglesias. Oder wie Roy Black, der mit ebendiesem Titel auf Platz eins bei Hecks „ZDF-Hitparade“ landete. Das war 1969, eine Zeit, als Schlager noch klangen wie vertonte Eichenschrankwände. „Musik erklingt, ein Tag vergeht,“ singt Rossi. Und alles wird gut. Jedenfalls für ihn.

Semino Rossi, geboren 1962 in Argentinien, heute wohnhaft in Tirol, hat sich früher als Straßenmusikant durchgeschlagen. Nun bekommt sein Leben Ähnlichkeit mit dem jenes Herrn Rossi aus den Zeichentrickfilmen von Bruno Bozzetto. „Herr Rossi sucht das Glück“ hießen sie. Rossi bekam darin von einer Fee eine Trillerpfeife, mit der er aus seinem Kleinbürger-Leben ins Reich der Träume entfliehen konnte. Wenn Sie das nächste Mal einen Straßenmusiker sehen, geben Sie ihm einen Euro, bevor er auf die Idee kommt, es dem realen Herrn Rossi gleich zu tun. Es genügt, wenn der Trick einmal funktioniert.

Ralph Geisenhanslüke

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