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Kultur: Singapore Symphony Orchestra: Vulkanischer Tanz

Womit beginnt ein Orchester aus Singapore sein erstes Konzert in Berlin? Nicht mit einem asiatischen Paradestück, sondern mit einem in hiesigen Konzertsälen kaum einmal gespielten Werk von Felix Mendelssohn Bartholdy: mit der Ouvertüre zu "Ruy Blas".

Womit beginnt ein Orchester aus Singapore sein erstes Konzert in Berlin? Nicht mit einem asiatischen Paradestück, sondern mit einem in hiesigen Konzertsälen kaum einmal gespielten Werk von Felix Mendelssohn Bartholdy: mit der Ouvertüre zu "Ruy Blas". Bereits nach den ersten Takten Mendelssohn erweist sich das Singapore Symphony Orchestra als eine sehr versierte und schlagkräftige Truppe mit einem renommierten jungen Chinesen am Dirigentenpult, dem blutvoll und prägnant agierenden Lan Shui. Da kam ein dramatisch hochfahrender, scharf gemeißelter, mitunter auch etwas bombastischer Klanggestus herüber. Aber insgesamt hatten die Musiker von der Malaiischen Halbinsel die Mendelssohn-Ouvertüre in ihrem Wechsel von choralartigem Pathos und nervös schillernder Virtuosität gut im Griff. Einen straffen erzählerischen Ton legten die Gäste aus Singapore bei Rimskij-Korsakows "Scheherazade" nach "Tausendundeine Nacht" an den Tag. Da wurden in diesem insgesamt ausgezeichneten Konzert zu Gunsten der Deutschen Welthungerhilfe nicht nur die vielsagenden Violinsoli von Alexander Souptel treffsicher gespielt, sondern auch die ganze orientalisch eingefärbte Partitur vital aufgeblättert. Einen besonders schönen Einblick in die ganze Eigentümlichkeit dieses südostasiatischen Orchesters ermöglichte das Concerto für Erhu - ein chinesisches Streichinstrument - des 1953 geborenen Chen Yi. Es wurde von dem international bekannten chinesischen Erhu-Spieler Xu Ke, dem "Erhu-Paganini des Fernen Ostens", in jedem der drei Sätze auf einem anderem Instrument dieser chinesischen Streicherfamilie gespielt, mit einer Leidenschaft und Artistik sondergleichen. Dem Ganzen eignet ein unverkennbares asiatisches Idiom, ein tatsächlich verblüffend sprachnaher, mal schmerzhaft stöhnender, mal wispernder oder sirenenartig schwirrender und gleißender Stil. Der vulkanisch wilde Tanz zum Schluß hatte leicht reißerische Züge, aber dennoch eine ganz eigene Faszinationskraft. Die Hörer im Konzerthaus gingen äußerst animiert mit.

Eckart Schwinger

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