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Kultur: Skandal um Schweinemast: Bakterien im Widerstand - Warum Antibiotika dem Menschen oft nicht mehr helfen

Lauert auch im Schweinetrog Gefahr für den Menschen? Die neuesten Nachrichten jedenfalls werden den Verbraucher überhaupt nicht freuen.

Lauert auch im Schweinetrog Gefahr für den Menschen? Die neuesten Nachrichten jedenfalls werden den Verbraucher überhaupt nicht freuen. Denn in Zeiten der BSE-Krise sind viele in erster Linie auf Schwein umgestiegen. Nun geht es also um Antibiotika, mit denen in großem Umfang Missbrauch in der Schweinemast getrieben wird. So schreibt es "Der Spiegel". Das Problem ist nicht neu: Schon vor Jahren hätten sie beim Gesundheitsministerium ihres Bundeslandes um Maßnahmen gegen den illegalen Einsatz der Medikamente gebeten, so betonen Vertreter der bayerischen Landestierärztekammer. Die Veterinärmedizinerin Margund Mrozek, Pressesprecherin der Bundestierärztekammer, kann das aus bundesweiter Sicht nur bestätigen: Man sei immer wieder an das Bundesgesundheitsministerium herangetreten und habe um die Schaffung spezialisierter Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften und den Einsatz zentraler Ermittler gebeten. "Strenge Überwachung und strenge Ahndung" heiße die Devise, um schwarzen Schafen unter den Tierärzten das Handwerk zu legen.

Kontrollen sind Ländersache

Seit dem 1. Januar 1999 sind antibiotische Substanzen, die beim Menschen eingesetzt werden, als "Leistungsförderer" bei Nutztieren nicht mehr zugelassen. Werden Antibiotika gebraucht, um erkrankte Tiere zu behandeln, so kommen in der Humanmedizin gebräuchliche Substanzen zum Einsatz, allerdings meist die älteren und somit preiswerteren Produkte. Vor der Schlachtung müssen dann Fristen eingehalten werden, die sicherstellen sollen, dass das Schlachtfleisch keine Rückstände mehr enthält. Die Rückstandskontrollen für Tierarzneimittel sind Ländersache.

Sinn dieser Maßnahmen ist der Schutz des Verbrauchers vor der Gefahr, wegen einer Antibiotika-Resistenz im Krankheitsfall selbst nicht mehr wirkungsvoll behandelt werden zu können. Das passiert, wenn ein Krankheitserreger durch Veränderungen unempfindlich wird gegenüber Wirkstoffen, die zu seiner Bekämpfung eingesetzt werden. Hauptgrund ist deren häufiger - und häufig unnötiger - Einsatz: In einigen europäischen Ländern mit hohem Pro-Kopf-Verbrauch an Antibiotika liegt etwa die Resistenz gegen den "Klassiker" Penicillin deutlich höher als in Deutschland.

Lange garen lassen

In der Tierzucht werden sie auch verwendet, um Jungtieren zu mehr Gewicht zu verhelfen oder Erkrankungen vorzubeugen. In vielen Fällen führt dann eine niedrige Dosierung dazu, dass die Bakterien sich die Gelegenheit zur Resistenzentwicklung nicht entgehen lassen. Dafür, dass nicht nur Antibiotika-Rückstände, sondern auch Bakterien, die schon Resistenzgene gebildet haben, vom Tier über die Nahrung auf den Menschen übertragen werden können, spricht einiges. Neben offensichtlichen Infektionserregern - etwa den Salmonellen aus dem rohen Ei - nehmen wir auch andere Bakterien mit der tierischen Nahrung zu uns, die uns nicht direkt krank machen, jedoch Resistenzgene tragen können. Heute ist etwa der Erreger Campylobacter jejuni, der Magen-Darm-Beschwerden verursacht, in 15 bis 30 Prozent der Fälle gegen Fluorchinolone resistent. Vor Einführung dieser noch relativ neuen Antibiotika als Fütterungsarznei in der Geflügelzucht gab es beim Menschen dieses Problem nicht.

Jutta Wagner vom Institut für Infektionsmedizin des Universitätsklinikums Benjamin Franklin der FU, die sich wissenschaftlich mit der Übertragung von Resistenzgenen beschäftigt, betont jedoch, dass der Verbraucher sich - im Gegensatz zu den BSE-Prionen - prinzipiell vor den Bakterien schützen kann: Ausreichendes Garen macht ihnen den Garaus.

Adelheid Müller-Lissner

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