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So kann’s gehen: Muss ich zuerst begrüßt werden?

Die erwachsenen Kinder meines Mannes aus erster Ehe begrüßen ihren Vater stets zuerst, ich glaube schon aus Prinzip mir gegenüber. Ich würde die Frau des Hauses zuerst begrüßen.

Die erwachsenen Kinder meines Mannes aus erster Ehe begrüßen ihren Vater stets zuerst, ich glaube schon aus Prinzip mir gegenüber. Ich würde die Frau des Hauses zuerst begrüßen. Was ist richtig?

Das ist keine Frage, die man nach Kriterien von „richtig“ oder „korrekt“ beantworten kann. Natürlich wäre es in einem konventionellen Kontext richtiger, die Kinder begrüßten zuerst die Dame des Hauses. Das wäre vielleicht sogar in psychologischer Hinsicht pragmatischer. Dann hätten sie ihre Pflicht erfüllt und könnten sich in der Folge ganz auf den geliebten Vater konzentrieren. Aber wahrscheinlich wollen, wie Sie ja selber andeuten, die Kinder demonstrieren, wer von den Anwesenden ihnen wirklich wichtig ist, wer in ihren Augen die ranghöchste Person im Raum ist, wem ihr Besuch eigentlich gilt. Das können Sie als kränkend empfinden oder auch als schlechtes Benehmen abkanzeln, aber damit tun Sie sich keinen Gefallen.

Viel besser ist es, mit Verständnis zu reagieren. Drängen Sie sich nicht auf, wenn die Kinder mit dem Vater zusammen sein wollen. Begrüßen Sie sie freundlich und so herzlich es Ihnen möglich ist. Erwarten Sie aber nicht, automatisch in das Familienleben einbezogen zu werden. Machen Sie von sich aus Angebote, Vater und Kinder mit Essen oder Getränken zu versorgen. Plaudern Sie ein Weilchen mit und ziehen sich dann unter einem Vorwand zurück. Auf diese Weise wird es Ihnen leichter fallen, eine gute Beziehung zu den Kindern aufzubauen, als wenn Sie wie eine beleidigte Leberwurst darauf warten, zuerst begrüßt zu werden, weil sich das so gehört. Manchmal ist es richtig, auf seinem Recht zu beharren. In solchen Zusammenhängen wirkt das eher kontraproduktiv, ganz besonders, wenn man eigentlich gerne Sympathiepunkte erringen möchte.

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