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Kultur: So klingt der kalifornische Traum Rührend: Van Dyke Parks im Haus der Kulturen

Es gibt Orte, von denen man selbst dann eine klare Vorstellung hat, wenn man noch niemals dagewesen ist. Kalifornien zum Beispiel.

Es gibt Orte, von denen man selbst dann eine klare Vorstellung hat, wenn man noch niemals dagewesen ist. Kalifornien zum Beispiel. Wer immer auch nur oberflächlich mit der Popkultur des 20. Jahrhunderts in Berührung kam, erkennt hier vieles wieder wie aus einem halb vergessenen Traum. Van Dyke Parks war vielleicht keiner der Star-Architekten dieses Traumes, zweifellos aber einer seiner wichtigsten Statiker. Im Berliner Haus der Kulturen der Welt, das derzeit Kalifornien eine Ausstellung widmet, erklärte der heute 70-Jährige Musiker im Gespräch mit den Kuratoren Detlef Diederichsen und Anselm Franke, warum: „Alle wollten immer vorne mit der Gitarre auf der Bühne stehen, aber ich fand mich in der Ecke hinterm Keyboard wieder.“ Tatsächlich hatte der auf Fotos schüchtern wirkende Junge mit der dicken Brille die einflussreichere Position gewählt. Als Arrangeur schraubte er am Klang jenes Traumes, der für einige aus der ersten Reihe zum Albtraum wurde.

An diese Ambivalenzen erinnerte Parks in überraschenden Gedankenketten. Kalifornien erscheint darin als liberales Paradies, das dunkle Mächte in Gestalt von Charles Manson, Richard Nixon oder der Ölpest von Santa Barbara bedrohen. Immer wieder gelingen Parks Sätze, die leuchten wie Kryptonit, etwa wenn er ein Bürgergesetz mit den Zauberschuhen aus dem Musical „Wizard of Oz“ vergleicht oder das Jahr 1964 mit den Worten auf den Punkt bringt: „Jeannie was out of the bottle.“

Parks’ Soloplatten wie „Song Cycle“ oder „Jump!“ erreichten nie das große Publikum. Selbst die Beach Boys entzweiten sich an Parks’ Beitrag zum Konzeptalbum „Smile!“ und ließen das Werk so lange unvollendet, bis es zum Mythos gerann. Dass man aber seinen überkomplexen Eigenkompositionen durchaus Harmonien entlocken kann, das bewies weniger des Meisters eigener Vortrag zu einem auf Saloon-Klavier gestimmten Keyboard, der dünnstimmig irgendwo zwischen Dreigroschenoper und Vaudeville mäanderte. Sondern ein 14-köpfiger Chor unter Leitung von Barbara Morgenstern, der dem gerührten Gast dessen eigenes Frühwerk „Orange Crate Art“ als Geschenk darbrachte. Hätte es noch eines musikalischen Beweises bedurft, dass der Geisteszustand Kalifornien längst nach Berlin migriert ist: Hier war er. Bodo Mrozek

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